Nichts für schwache Nerven
Das Handke-Stück feiert im Theater am Schlachthof Premiere. Keine Szenen, keine Handlungsstränge, keine Darsteller, die in ihre tragische, komische oder nebensächliche Rolle schlüpfen. Das alles fehlt bei der "Publikumsbeschimpfung".
Neuss. "Wir haben heute wohl Theatergeschichte geschrieben", schmunzelte der Leiter des Theaters am Schlachthof (TAS) nach der Premiere der "Publikumsbeschimpfung" von Peter Handke. Doch wie geht das? Ohne Stück? Und die "Publikumsbeschimpfung" ist auch kein Stück, das wird während der gesamten Aufführung betont. Aber ist es überhaupt eine Aufführung, wenn es kein Stück gibt?
Ob die Premieren-Besucher wussten, was sie erwartet? Möglicherweise haben sie es geahnt, denn schließlich galt das Stück von Peter Handke Mitte der 60er Jahre als provokant und skandalös und verhalf dem jungen Autor innerhalb kurzer Zeit zu einem Popstar-Image der deutschen Literaturszene. Er wurde seitdem mit Preisen überhäuft. Wegen eines dieser Preise geriet er erst im Februar in die Kritik: Er lehnte den Heinrich-Heine-Preis ab und forderte stattdessen eine Spende an serbische Dörfer im Kosovo.
Auch beschimpft wurde natürlich, wie es der Titel des Stücks versprach. Nach "Ohrfeigen-Gesichter" und "Genickschuss-Spezialisten" kam dann die forsche Antwort aus dem Publikum: "Okay, jetzt sind wir dran."
Fazit: Sehenswert, aber nichts für schwache Nerven, die seichte Unterhaltung suchen.