Haus Portz in Grevenbroich: Nie Ärger mit Betrunkenen

Zahlreiche Denkmäler öffneten am Sonntag in Grevenbroich ihre Pforten. Ein gute Gelegenheit, Bekanntes neu zu entdecken. Beispielsweise das alte Maschinenhaus der ehemaligen Baumwollspinnerei Erckens, heute als Sitz von Stadtarchiv und Bücherei ein Ort des intellektuellen Genusses.

Grevenbroich. Genuss hat viele Gesichter. Die Tochter des Landrats in Wevelinghoven beispielsweise stand auf Herrenkleidung - ein Skandal in den 1870er Jahren. "Komplett im Hosenanzug, spazierte sie Zigarren rauchend durch den Garten des Elternhauses - und ganz Wevelinghoven hatte was zu gucken", erzählt Anneliese vom Scheidt mit einem Augenzwinkern.

Als Eigentümerin des alten Landratsamts an der Poststraße kennt sie solche Anekdoten. Längst residiert dort kein Landrat mehr, und paffende Frauen in Hosen gehören seit Jahrzehnten zum gewohnten Straßenbild. Dennoch lockt das Haus auf der Poststraße auch heute noch Neugierige an, wenn Anneliese vom Scheidt in ihrer Galerie LandArt Kunst aus der Region präsentiert

Das Haus gehörte zu den sieben geschichtsträchtigen Bauwerken und Anlagen im Stadtgebiet, die zum "Tag des offenen Denkmals" am Sonntag ihre Türen für Besucher öffneten. "Historische Orte des Genusses", so hieß das diesjährige Motto der bundesweiten Aktion der Deutsche Stiftung Denkmalschutz.

Ein gute Gelegenheit, Bekanntes neu zu entdecken. Beispielsweise das alte Maschinenhaus der ehemaligen Baumwollspinnerei Erckens, heute als Sitz von Stadtarchiv und Bücherei ein Ort des intellektuellen Genusses.

"Früher war hier das Herzstück einer riesigen Industrieanlage, die in den 1920er Jahren bis zu 1000 Arbeiter beschäftigte", erklärt Stadtarchiv-Mitarbeiter Thomas Wolff, der den Besuchern der außerdem jahrhundertealte Urkunden aus dem Archivbestand präsentierte.

Zum ersten Mal dabei war das Haus Portz am Markt. Um 1900 von der Familie Portz gegründet, wurde der Gaststättenbetrieb in den 1970er Jahren aufgegeben und zwischenzeitlich zog die Stadtverwaltung in die Räumlichkeiten.

Vor einigen Jahren hat Ulrich Vogt zusammen mit einem Partner die Gaststätte übernommen. Vogt war gleich begeistert, als er vom Stadtarchiv auf eine Teilnahme angesprochen wurde: "Die Leute sollen doch wissen, wie alt das Haus ist! Schade genug, dass der Vorbesitzer für so was nicht zu haben war."

Am Sonntag zeigte er eine kleine, aber feine Ausstellung von historischen Fotografien, darunter Exponate aus dem Fundus des Schützenvereins und Leihgaben vom Stadtarchiv. Außerdem pflegen die beiden Besitzer selbst eine ansehnliche Fotosammlung. Nicht wenige Bilder stammen von Gästen, sagt Vogt: "Immer wieder kommen Leute auf uns zu und überlassen uns alte Fotos aus Omas Nachlass."

Im Haus gesammelt und gelegentlich gezeigt, wecken die Bilder bei manchem Gast Erinnerungen an frühere Zeiten. Etwa, wie winzig klein der Schankraum früher gewesen ist. Oder warum es im Haus Portz nie Ärger mit Betrunkenen gab.

Ulrich Vogt kennt den Trick: "Wenn die Damen meinten, ein Gast hat genug, dann versprachen sie ihm Käsehäppchen und lockten ihn damit elegant aus der Kneipe."