Immer mehr Neusser leben vegan
Inzwischen bieten viele Restaurants und Läden Produkte ohne tierische Inhaltsstoffe an.
Neuss Genüsslich beißt Jessica Wolf in ein Mettbrötchen. Lecker! Die Überraschung: Es ist völlig frei von tierischen Produkten. Wolf ist Veganerin und gibt im Edith-Stein-Haus derzeit ihr Wissen, ein Gericht ohne tierische Produkte zu zaubern, weiter. Die vegane Ernährung wird auch in Neuss immer mehr zum Trend. Restaurants bieten vegane Gerichte an, vegane Produkte können gekauft werden, und die Neusser tauschen sich auf Facebook oder Stammtischen vom veganen Verein Veganice über die tierfreie Ernährung aus.
„Vegan ist in Neuss im Kommen“, sagt Daniela Nowak, Vorstand von Veganice. Zu den Treffen in Neuss, die monatlich stattfinden, würden bis zu 30 Leute kommen. „Wir hatten aber auch schon 80“, sagt Nowak.
Eine Veganerin aus Neuss ist Sonja Krout. Die 36-Jährige war 23 Jahre lang „nur“ Vegetarierin. Das bedeutet, dass sie zwar auf Fleisch verzichtet, jedoch tierische Produkte wie Käse, Milch und Honig konsumiert hat. Doch ihr sei bewusst geworden, „dass die Tiere auch unter dem Käse-, Milch- und Eierkonsum leiden“, sagt sie. So verzichtete sie nach und nach ganz auf tierische Produkte. „Ich konnte einfach nicht mehr in ein Käsebrötchen beißen“, sagt Krout. Sie gibt zu: Die Umstellung war nicht ganz einfach, aber sehr spannend: „Es öffnen sich ganz neue Kosmen. Ich wusste nicht, was Amaranth, Quinoa oder weißes Mandelmus ist, und was man damit macht.“
Deshalb ist auch ein Kochkursus gut, um die vegane Küche kennenzulernen. Jessica Wolf bietet im Edith-Stein-Haus verschiedene Kurse an. Die Teilnehmer lernen etwa, mit Tofu richtig zu kochen. Sieben bis zehn Interessierte würden zu einem Kurs kommen — der größte Teil davon isst durchaus Fleisch oder wenigstens vegetarisch.
Wer jetzt denkt, vegan sei nur ein junger Trend für Hipster täuscht sich: „Die Teilnehmer sind zwischen 30 und 60 Jahre alt“, sagt Wolf. So auch Claudia und Andreas Schirmer, die (noch) keine Veganer sind. „Aber wir finden die vegane Küche abwechslungsreich“, sagt Andreas Schirmer.
Wer nicht kochen möchte, kann auch in Neuss vegan essen gehen, etwa im Thai Royal. Das thailändische Restaurant bietet neben Fleischgerichten auch viele vegane Gerichte an und ist dafür auch außerhalb der Stadt bekannt. „30 bis 40 Prozent unserer Gäste essen vegan. Wir wollten eine Anlaufstelle für die vegane Küche sein, und das haben wir geschafft“, sagt Küchenchef Chanthone Sayasith.
Es gibt auch völlig fleischfreie Restaurants wie das Vegilicious. „Mein Vater war der Meinung, dass in Neuss sowas fehlt, und dass die Stadt ein vegetarisches Restaurant braucht“, sagt Büsra Bas. Vor allem die Spaghetti Bolognese mit Sojagranulat als Fleischersatz seien der Renner: „Viele Kunden sind erstaunt, dass man den Unterschied gar nicht merkt.“
Die Einkaufsmöglichkeiten in Neuss sind für Veganer gut. Hoch im Kurs stehen für die Einkäufe Reformhäuser, Biomärkte, Hofläden, aber auch Discounter und Drogerien.
Ungesund sei die vegane Ernährung nicht, glaubt Wolf: „Jede Ernährung kann ungesund sein, wenn man sie falsch betreibt.“ Jemand, der nur Fertigprodukte esse und sich einseitig ernähre, lebe auch nicht gesund.
Dass Vegan-Esser unter Vitamin B12-Mangel leiden, sei aber nicht ungewöhnlich. Ergänzungsmittel wären hier wichtig. Aber: „Auch viele Fleischesser leiden unter B12-Mangel. Die wissen es nur nicht, weil sie sich nicht darauf testen lassen. Veganer beschäftigen sich damit“, sagt Jasmin Wolf. Und auch Sonja Krout fühlt sich eher gesünder: „Ich fühle mich mit meinem Gewissen im Reinen, und das überträgt sich auch auf meinen Körper.“