Kaarst: Erinnerungen an das alte Bürgermeisteramt

Historie: Das alte Rathaus an der Mittelstraße erlebte eine wechselvolle Geschichte.

Kaarst. "Gruss aus Kaarst" heißt es auf einer Postkarte, die vor rund 100 Jahren verschickt wurde. Das Motiv zeigt das Bürgermeisteramt an der Kaiser-Wilhelm-Straße (heute Mittelstraße). Doch von wo zuvor die Geschicke der Gemeinde Kaarst gelenkt wurden, klafft seit wenigen Wochen eine große Lücke. An der Stelle ist heute nur noch ein Schutthaufen zu sehen. Im Bereich zwischen Neusser- und Mittelstraße baut Rewe einen neuen Lebensmittelmarkt mit rund 1900 Quadratmetern Netto-Verkaufsfläche und 60Parkplätzen. Der Maßnahme mussten einige seit längerem leer stehende Gebäude entlang der Neusser Straße sowie die Kneipe "Keck" weichen.

Gebaut wurde das Bürgermeisteramt etwa 1908. Bis 1959 diente es als Verwaltungssitz für die Gemeinde Kaarst. Bauherr war der letzte hauptamtliche Bürgermeister (1904 bis 1928) "alter Ordnung", Ferdinand Bergerfurth. Er hatte sich zu seinem Amtsantritt zwei Hauptaufgaben gestellt: den Ausbau des Wegenetzes und die Errichtung von zwei öffentlichen Gebäuden - einer neuen Schule und eines neuen Rathauses.

Bis dahin waren Bürgermeisteramt und -wohnung, die Schule, die Lehrerdienstwohnung sowie das Spritzenhaus der Feuerwehr in einem Gebäude untergebracht. Es stand nahe des Neubaus an der Ecke der heutigen Bergerfurthstraße. Das neue Rathaus war für eine 2000-köpfige Gemeinde gut ausgestattet: vier Amtsräume, ein Sitzungssaal und die Wohnung von Bürgermeister Bergerfurth fanden darin Platz. Die neue Volksschule, die zwischen 1914 und 1915 errichtet wurde, ist die heutige Martinusschule an der Halestraße.

Der Begriff "Altes Rathaus" wird von vielen Kaarstern auch auf das Ende der 1950er Jahre bezogene Gebäude gegenüber der Martinuskirche bezogen. Seit der Fertigstellung der Neuen Stadtmitte 1994 sprach man von zwei alten Rathäusern.

Das Bürgermeisteramt an der Mittelstraße war ursprünglich hauptsächlich am Dach erkennbar. Die dem damaligen Baustil entsprechende Fassade musste ab 1975 während eines 20 Jahre dauernden Renovierungs- und Sanierungsprozesses weißen Klinkerwänden weichen. Außerdem kamen zwei Anbauten hinzu.