Kaarst: Nach den Kriegswirren erbaut

Im Bereich des Tuppenhofs wurde im 12. Jahrhundert gesiedelt. 1709 wurde der historische Bauernhof in Vorst erweitert.

Kaarst. Der Blick auf den Türsturz im Innenhof offenbart: 1709 wurde der Vorster Tuppenhof erbaut - vor 300 Jahren also. "Im Pferdestall, dem früheren Wohnstallhaus gibt es einen weiteren Türsturz, auf dem die Jahreszahl 1705 eingeschnitzt ist. Es ist wahrscheinlicher, dass der Tuppenhof im Jahr 1709 von den Eheleuten Laurenz Schmitz und Barbara Mösgens erweitert wurde", erklärt Reinhold Mohr. Schmitz’ Frau starb 1710. Elf Jahre später heiratete der Bauer ein zweites Mal: Agnes Sibilla Weiler.

Mohr geht davon aus, dass das ursprüngliche Wohnstallhaus 1705 errichtet wurde und in den folgenden Jahrhunderten immer wieder erweitert worden ist. "Der alte Türsturz wurde später ausgebaut und an neuer Stelle eingesetzt."

Für die Erweiterung im Jahr 1709 gibt es, so der Heimatforscher, unterschiedliche Hinweise: Zum einen ist bei den Sanierungsarbeiten ein Fundament aus Liedberger Sandstein gefunden worden. "Zum anderen ist unter dem Putz in der Knechtekammer eine Balkenkonstruktion freigelegt worden, die auf eine Erweiterung des Hauses schließen lässt", erklärt der Historiker. Der überzeugendste Hinweis ist vom Garten aus zu sehen. "Der Blick auf den Giebel macht deutlich, dass das Dach verlängert worden ist, dadurch hat sich der Winkel geändert", erklärt Mohr.

An gleicher Stelle ist schon vor rund 1000 Jahren gesiedelt worden. "Bei der Restauration sind Scherben und Fundamente gefunden worden, die auf eine Siedlung im 12. Jahrhundert schließen lassen. Denn in dieser Zeit entstand die Siedlung Rottes", erläutert Mohr.

Ende des 16. Jahrhunderts jedoch dürfte es keinen Bauernhof mehr in der Gegend gegeben haben. "Während des Kölner Krieges haben in der Region spanische Truppen gewütet. Auch Neuss brannte 1586", erklärt Mohr. Von 1583 bis 1588 kämpften kur-kölnische und bayerische Truppen gegeneinander. Vor allem ging es darum, das Erzbistum Köln in ein protestantisches Herzogtum zu verwandeln.

Doch der Kölner Erzbischof und Kurfürst Gebhard Truchsess von Waldburg wurde von Papst Gregor XIII. exkommuniziert. Am 23.Mai 1583 ist Ernst von Bayern zum Erzbischof von Köln und zum Nachfolger Gebhards gewählt worden.

Der 30-jährige Krieg sorgte für weitere Wirren. "Die Menschen flüchteten in die Städte, vor allem in befestigte Häuser. Es gibt Hinweise, dass das dörfliche Leben zaghaft ab 1650 wieder begann", sagt der Heimatforscher. So sei der ehemalige Bayer-Hof an der Bahnstraße in Büttgen, gegenüber des heutigen Hotels Jan van Werth, 1685 erbaut worden. "Im gleichen Jahr beginnt auch das Archiv des Tuppenhofs, das bis 1985 lückenlos ist", erzählt Mohr.

Bei der Sanierung in den 1990er-Jahren wurden Dokumente gefunden. Die Sammlung von Urkunden und Erbverträgen spiegeln vor allem die persönlichen Verhältnisse seiner Inhaber wider. "Ob es ein Zufall ist oder nicht, besonders interessant ist, dass bis zum Mitte des 19. Jahrhunderts vor allem Töchter den Hof übernommen haben." Als Bauer Schmitz 1724 starb, gab es für die Kinder eine gute Ausgangsposition. Denn eigentlich wurde das Erbe, der Hof, gleichberechtigt aufgeteilt. "Doch Schmitz besaß drei Höfe", erklärt Mohr.