Kaarster feiern den zehnten Geburtstag eines Kunstwerks
Viel Lob gab es für die „Brücken über den Nordkanal“. Dabei musste Künstler Wilhelm Schiefer bei der Errichtung viel Geduld aufbringen.
Kaarst. Großer Andrang am Regiobahnhaltepunkt Kaarster See: Viele Besucher haben am Eingang zum Vorster Wald ein besonderes Geburtstagsfest gefeiert, denn das 14 Meter hohe Kunstwerk „Brücken über den Nordkanal“ wurde zehn Jahre alt. Mittendrin der strahlende „Vater“, Bildhauer Wilhelm Schiefer. Er musste damals ein großes Durchhaltevermögen beweisen, denn sieben Jahre gingen ins Land, bis sein „Baby“ das Licht der Welt erblicken durfte.
Wie tief das Geschehene noch nachhallt, wurde bei der Begrüßung durch Markus Albiez deutlich, dem Vorsitzenden des Kunstvereins Nordkanal. Der Verein leistete schließlich die entscheidende Geburtshilfe. „Es war eine schwierige Schwangerschaft — zwischendurch war gar von Abtreibung die Rede“, zog Albiez einen Vergleich.
Ein Scheitern wurde verhindert, weil der Verein das ursprünglich städtische Projekt nach heftigen Kontroversen übernahm und mit finanzieller Unterstützung der Sparkassenstiftung Kaarst-Büttgen und der Staatskanzlei Düsseldorf eine Realisierung ermöglichte. Inzwischen sind die Brücken längst ein Stück Alltag im Kaarster Raum geworden. „Sie haben sich hervorragend eingefügt, als wenn sie schon immer da gewesen wären“, betonte Bürgermeisterin Ulrike Nienhaus. Als Geschenk brachte sie deshalb ein Stück Aufmerksamkeit für dieses „Denkmal des bürgerschaftlichen Engagements“ mit — und die Überzeugung, dass es in vier Jahren noch mehr Kunstwerke im öffentlichen Raum geben werde. Damit verbunden war ihr Dank an den Künstler und seinen unbeirrbaren Idealismus.
Bundestagsabgeordneter Ansgar Heveling (CDU) hatte das Präsent der Wertschätzung dabei. Als Mitglied im Kulturausschuss des Deutschen Bundestages hob er die Notwendigkeit von Kunst und Kultur hervor. „Unser Leben wäre ärmer ohne Kunst und Kunstwerke“, sagte der Politiker. Und speziell auf das Geburtstagskind bezogen meinte er: „Über Brücken finden Menschen zueinander — auch über die Brücken über den Nordkanal.“
Diesen Gedanken unterstrich auch Sparkassenvorstandschef Volker Gärtner. Es müsse der Leitgedanke der Zukunft sein, mehr Brücken und weniger Zäune zu bauen. Ferdinand Korn und Stefan Kunig, ehemaliger und aktueller Geschäftsführer der Regiobahn, erinnerten an den schwierigen Bau der Brücken auf schlammigem Untergrund — sie unterstützten das Projekt, um ihre Identifikation mit der Region zu zeigen.
Eine Interpretation des weithin sichtbaren Kunstwerks bemühte Philosoph Helmut Engels. In einer unterhaltsamen Betrachtung erklärte er das Ganze als Kommunikationsmodell, das keine heile Welt zeige, sondern auf etwas noch zu Verwirklichendes verweise: Ein Abbild der Kaarster Wirklichkeit mit ihren fünf Ortsteilen, von denen eine ohne Verbindung dastehe — ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Umrahmt wurde das lockere Miteinander von passenden Jazzrockimprovisationen dreier Studenten der Folkwang Universität der Künste Essen.