Knall bei Ineos sorgt für Schrecken

Bei der im Chempark ansässigen Firma zersprang eine Berstscheibe. Dies war sogar auf der anderen Rheinseite zu hören.

Foto: Schüller

Dormagen. Tausende Menschen in der Region sind in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag aus dem Schlaf geschreckt. Beim Chemieunternehmen Ineos im Dormagener Chempark ist um 1.45 Uhr eine sogenannte Berstscheibe zersprungen — eine Sicherheitseinrichtung, die verhindern soll, dass der Druck innerhalb einer Anlage zu hoch wird. Der Knall war so gewaltig, dass er bis nach Neuss, Grevenbroich und auf der anderen Rheinseite zu hören war, wo er Menschen in Monheim, Baumberg und Düsseldorf aufschreckte. Dazu war lange Zeit eine meterhohe Feuersäule zu sehen. Nach Angaben des Unternehmens wurde bei dem Vorfall niemand verletzt. Laut Unternehmenssprecherin Anne-Gret Iturriaga Abarzua handelte es sich um eine Produktionsanlage für Polyethylen. Die fällt jetzt mehrere Wochen aus. Der Schaden dafür gehe „in Millionenhöhe“.

Bei Polyethylen handelt es sich um Kunststoff, der zum Beispiel für die Herstellung von Folien, Innenbeschichtungen von Getränkeverpackungen oder Kabelummantelungen verwendet wird. Der Knall hänge mit einer Sicherheitsreaktion zusammen: „Die Anlage hat das getan, was wir in einem solchen Fall von ihr erwarten“, so Iturriaga. „Wir bedauern die bei unseren Nachbarn entstandene Belästigung.“

Für viele war es mehr als das: „Ich hatte einen richtigen Schock“, sagte eine Dormagenerin. „Das war Horror, lauter als sonst. Ich habe schon eine Katastrophe vermutet.“ Auf verschiedenen Facebook-Seiten im Internet äußerten Bürger ihre Sorge und Angst. In Neuss wurde Annemarie S. wach: „Die Jalousien wackelten, es war unheimlich“, sagte die Seniorin. „In Baumberg haben wir eine Druckwelle gespürt“, sagte Pavel V. „Das hat durch das ganze Haus geknallt. Ich dachte erst, da knallt jemand vor Wut die Wohnungstür“, so Vera H. aus Düsseldorf. Die Polizei im Rhein-Kreis Neuss verzeichnete über den Notruf sieben Anrufe von besorgten Bürgern. „Wir wissen von weiteren Anrufern bei den Kollegen in Düsseldorf und Köln“, sagte ein Pressesprecher.

Der „Super-Knall“ in der vergangenen Nacht ist keine Ausnahme. Mitte Dezember 2016 war nachts ebenfalls ein lauter Knall zu hören und ein Feuerschein zu sehen, als eine Berstscheibe zerbrach. Im August 2015 kam es bei Ineos zu einem plötzlichen starken Druckanstieg in einer der Anlagen zur Polyethylen-Herstellung. Wie davor im Januar 2015 und im September 2014 zersprang dabei die nur wenige Zentimeter große Sicherheitsscheibe. Dieser Vorgang geht stets, so heißt es von Ineos, mit einem ohrenbetäubend lauten Knallgeräusch einher, vergleichbar mit dem Überschallknall eines Düsenjägers. Im September des Jahres 2014 war sogar Großalarm ausgelöst worden. Eine Rauchsäule über der Stadt war kilometerweit zu sehen. Über der Stadt Dormagen hatte beißender Gestank gelegen, Feuerwehr und Polizei waren mit jeder Menge Kräften im Einsatz, über dem Chempark kreiste damals ein Hubschrauber. Im Jahr 2008 gab es einen ernsten Störfall bei Ineos: Hochentzündliches Ethylen war entwichen und hatte einen Brand ausgelöst. Erst nach mehreren Stunden konnte die Explosionsgefahr gebannt werden.