Kreis-Konzept für Flüchtlinge könnte zum Vorbild werden

Andere Kreise diskutieren, das Vorgehen zu übernehmen. Unterdessen hat sich der Landrat in einem Brief an Hannelore Kraft gewandt.

Foto: Lothar Berns

Rhein-Kreis. Das Konzept des Rhein-Kreises Neuss zur Flüchtlingsunterbringung könnte bald auch in anderen Kommunen Schule machen. Das teilten Landrat Hans-Jürgen Petrauschke und Benjamin Josephs, Flüchtlingsbeauftragter des Rhein-Kreises Neuss, gestern mit. „Vertreter des Kreises Mettmann haben sich unser Vorgehen bereits bei einem Treffen vor Ort erläutern lassen“, sagt Josephs. Auch die Bezirksregierung Düsseldorf habe Interesse signalisiert. Der Rhein-Kreis nutzt die zur Notunterkunft umfunktionierte Turnhalle am Berufsbildungszentrum (BBZ) in Grevenbroich als zentrale Stelle zur Erstaufnahme von Flüchtlingen. Nach der Erfassung und den notwendigen medizinischen Untersuchungen werden sie dann auf die anderen Unterkünfte im Rhein-Kreis Neuss verteilt.

Mit der kreiseigenen „Zentralaufnahmeeinrichtung“ werden personelle Ressourcen geschont. „Gerade mit Blick auf die medizinischen Untersuchungen vereinfacht die zentrale Einrichtung im BBZ die Abläufe — auch dank der Nähe zum Kreiskrankenhaus Grevenbroich“, sagt Petrauschke. Erst gestern hatte die Bezirksregierung Arnsberg die Ankunft von 300 neuen Flüchtlingen angekündigt. Zuvor waren rund 140 Flüchtlinge nach Dormagen verlegt worden. Sie waren Ende der vergangenen Woche in Grevenbroich eingetroffen und dort registriert und untersucht worden. „Wir benötigen für die medizinischen Untersuchungen inklusive Röntgen zwei bis drei Tage — das ist deutlich schneller als in anderen Kommunen“, sagt Josephs.

Im Kreis Mettmann wird das Vorbild derzeit diskutiert. Das bestätigt die dortige Kreissprecherin Daniela Hitzemann. Viele Kommunen haben Bedarf, ihre Abläufe bei der Flüchtlingsaufnahme zu optimieren — zumal sie sich von der Landesregierung nicht ausreichend unterstützt fühlen.

Landrat Hans-Jürgen Petrauschke hat sich inzwischen in einem Brief an Ministerpräsidentin Hannelore Kraft gewandt. Darin macht er klar, dass die Organisation der Flüchtlingsversorgung und -zuweisung auf Landesebene dringend verbessert werden muss. „Dies würde bei den Kommunen zu einer deutlichen Entlastung führen — schließlich muss für jede angekündigte Ankunft entsprechendes Personal vorgehalten werden“, sagt Petrauschke.

Angesichts des anhaltenden Flüchtlingsstroms fordert der Landrat in seinem Schreiben zudem, das Land müsse mehr ärztliche Hilfen organisieren und die Kommunen durch zusätzliches Personal bei der Flüchtlingsaufnahme entlasten. „Die personellen Ressourcen, auch der lokalen Hilfsorganisationen, stoßen zunehmend an Grenzen“, betont Petrauschke. Auch müsse schneller geprüft werden, ob sich Landesimmobilien als Notunterkunft eignen. Zudem setzt sich der Landrat dafür ein, dass bei der Erstregistrierung auch direkt Fingerabdrücke genommen und zentral gespeichert würden, um Mehrfach-Einreisen bereits abgewiesener Flüchtlinge zu verhindern.