Landrat: Früher Kohle-Ausstieg gefährdet die Chemieindustrie
Der Jahresbericht der Kreiswirtschaftsförderung wurde gestern vorgestellt.
Rhein-Kreis. Neben der Energieindustrie mit Tagebau und Kraftwerken sieht die Wirtschaftsförderung des Rhein-Kreises auch die Aluminiumproduktion und die großen Chemiewerke bedroht, sollte der Ausstieg aus der Braunkohleverstromung schneller kommen als geplant. „Klimaschutz ist wichtig, aber wir müssen unser Vorgehen genau planen“, sagte Landrat Hans-Jürgen Petrauschke gestern bei der Präsentation des Jahresberichts der Kreiswirtschaftsförderung.
Situationen wie jüngst in Essen, als ein Aluminiumwerk kurzzeitig abgeschaltet worden sei, um die Stromversorgung im Ruhrgebiet nicht zu gefährden, zeigten, wie wichtig sichere und dauerhaft verfügbare Energie sei. Petrauschke will das Thema im Kreistag noch einmal aufrufen und auf ein Signal an Bund, Land und Unternehmen drängen. Im März fährt eine Delegation des Kreises zu Gesprächen über die Energiepolitik mit Vertretern der EU-Kommission und anderer europäischen Einrichtungen nach Brüssel. Der Aluminium-Konzern Hydro, das Chemie-Unternehmen Currenta und RWE sind dabei mit im Boot.
Eine Lösung für die Energieversorgung vorausgesetzt, so Petrauschke, habe der Rhein-Kreis alle Chancen, seine wirtschaftliche Erfolgsgeschichte fortzuschreiben. Das zeige etwa das im vergangenen Jahr erreichte Allzeithoch von fast 135 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Kreis. Mit einer Reihe Schwerpunktaktivitäten will der Kreis dafür sorgen, dass sich die positive Entwicklung fortsetzt:
Beim nächsten Gipfeltreffen der Oberbürgermeister und Landräte der Metropolregion Rheinland will Petrauschke darauf drängen, dass der Breitbandausbau für schnelleres Internet nicht nur in den Großstädten, sondern auch auf dem Land voran kommt.
Marode Straßen drohen, so Petrauschke, auch für die Wirtschaft im Rhein-Kreis zur Belastung zu werden: „Wir sind ein Logistikstandort, da versteht sich von selbst, dass die Anbindungen stimmen müssen.“ Wenn zum Beispiel im Chempark in Dormagen wegen der Schäden an der Autobahnbrücke bei Leverkusen der Austausch mit den Werken auf der anderen Rheinseite nicht mehr funktioniere, könne das langfristig Investitionsentscheidungen von Unternehmen negativ beeinflussen. Auch dieses Thema will Petrauschke beim Metropol-Gipfel ansprechen: „Neue Autobahnen können wir als Kommunen zwar nicht finanzieren, aber wir können gemeinsam bei Bund und Land Druck machen.“
Im vergangenen Jahr wurden 987 000 Übernachtungen im Rhein-Kreis gezählt, Tendenz steigend. Viele Gäste kommen wegen Messen und Tagungen in der Region, aber auch die Zahl der Touristen steigt. „Für fast einer Million Übernachtungen in einem wachsenden Wirtschaftszweig sind wir in der Region aber noch nicht richtig aufgestellt“, sagte Jürgen Steinmetz, Allgemeiner Vertreter des Landrates, der ab März als Hauptgeschäftsführer zur Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein wechselt. Auch in neuer Funktion will er versuchen, effektivere Strukturen für die Tourismusbranche zu entwickeln.
Die vor allem in Neuss ansässige Lebensmittelindustrie soll, so Kreiswirtschaftsförderer Robert Abts, unter anderem von einer deutsch-türkischen Lebensmittelmesse profitieren, die im Mai veranstaltet wird. Die Schirmherrschaft übernehmen NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin und Petrauschke.
Das Startercenter des Kreises soll in diesem Jahr erneut geprüft werden. Neue Fortbildungsveranstaltungen für Jungunternehmer sind in Vorbereitung, ebenso wie eine Neuaufklage des Gründer- und Unternehmertags, diesmal am 6. November in Dormagen.
Das Netzwerk „Zukunft durch Innovation“ (zdi) soll ausgebaut werden, um den Nachwuchs an Fachkräften in mathematisch-technischen Berufen zu sichern. Zwölf Unternehmen wurden bereits als Partner gewonnen.