Mobilität muss sich verändern
Beim Neusser Mittelstandsforum diskutierten Experten den Wandel.
Neuss. „Heute hier, morgen dort“: Der alte Hit von Hannes Wader, an den Moderator Tom Hegermann beim „Neusser Mittelstandsforum“, erinnerte, hat mit der Gegenwart nicht mehr viel zu tun. Das „Unterwegssein“ wird zur täglichen Zerreißprobe für die Nerven. Denn wer unterwegs ist, steht oft im Stau. „In vielen Städten haben wir doch gar keine Mobilität mehr“, stellte Professor Thomas Vietor bei einer Podiumsdiskussion fest, die zu zwei Erkenntnissen kam. Erstens: Der Verbrennungsmotor hat noch eine lange Zukunft, verliert aber an Bedeutung. Und: Ein neues Mobilitätskonzept muss her.
Ekkehard Boden, Geschäftsführer der Stadtwerke Neuss
Weil ein wesentlicher Teil der Wirtschaftsleistung direkt oder indirekt aus der Mobilität kommt, diskutierte die Expertenrunde auf dem Podium das Thema: „Mobilität der Zukunft — Herausforderungen für Gewerbe und Industrie“. Ekkehard Boden, Geschäftsführer der Stadtwerke Neuss, Daniel Fußhöller, Geschäftsführer DHL Delivery Düsseldorf und Abteilungsleiter Paketauslieferung der Niederlassung, sowie Jürgen Germann, Leiter Nachhaltigkeit bei 3M in Neuss, gingen der Frage nach: Wie wird sich die Mobilität verändern?
Doch zunächst gab Thomas Vietor, Professor für Konstruktionstechnik an der Technischen Universität Braunschweig und Vorstandssprecher des Niedersächsischen Forschungszentrums Fahrzeugtechnik (NFF), eine Einführung in ein Thema, das nicht nur technisch relevant ist, sondern auch politisch, ökologisch und unter Umweltaspekten. „Mobilität ist viel komplexer geworden und ändert sich immer schneller“, sagte er und erläuterte das anhand internationaler Beispiele.
Seine Erkenntnis: „Ich prognostiziere dem Verbrennungsmotor eine lange Zukunft, doch wir werden unterschiedliche Verkehrsträger haben.“ Vielerorts beschäftigt man sich mit neuen Konzepten für urbane Mobilität, „dazu gehören auch digitale Lösungen“. Angesichts der noch zu bewältigenden Herausforderungen wünscht er sich, „dass Forschung, Wirtschaft und Politik noch effizienter zusammenarbeiten, um eine nachhaltige Lösung zu finden.“ Ekkehard Boden berichtete aus Sicht der Stadtwerke als Energieversorger: „Das Stromnetz der Zukunft muss intelligent sein und Entwicklungen berücksichtigen. Auch eine Co-Mobilität darf nicht außer Acht gelassen werden, um bessere Reichweiten zu erzielen.“
Ebenfalls nachhaltig unterwegs ist die Deutsche Post, wie Daniel Fußhöller berichtete: „Wir haben 2011 damit angefangen, uns damit zu beschäftigen, wie die Mobilität der Zukunft aussieht und haben einen eigenen Streetscooter entwickelt, derzeit sind 6000 im Einsatz.“ Aber auch Reichweite und Ladegeschwindigkeit spielen eine Rolle. 3M arbeitet an Lösungen, so Jürgen Germann. „Zwischen der Gesellschaft und der Mobilität ist die Digitalisierung, die alles radikal verändern wird. Wir können den Verbrennungsmotor nicht einfach 1:1 durch Elektromobilität ersetzen. Angesichts der Verkehrssituationen und der Tatsache, dass viele Autos über Stunden auf dem Parkplatz stehen, stellt sich die Frage: Wie sinnvoll ist es noch, ein eigenes Auto zu besitzen?“
Vietor kann das nur bestätigen: „Digitalisierung hilft, dort mobil zu sein, wo es gebraucht wird. Aber es gehören intelligente Verknüpfungs- und Geschäftsmodelle dazu.“