(-nau) In Norddeutschland, sagt Wilfried Grotheer, wisse man gar nicht, was Rosenmontag ist. Er selbst musste das auch erst lernen, und das tat der bald 79-Jährige ausgiebig. Denn Neuss war etwa 40 Jahre der Lebensmittelpunkt des Veranstaltungsfachmanns, der inzwischen in seine Geburtsstadt Wilhelmshaven zurückgekehrt ist. In alter Verbundenheit, sagt Grotheer, habe er mit seiner Werbeagentur Grotheer (WAG) die Karnevalisten in Neuss weiter unterstützt, zuletzt aber nur noch Verträge mit einer Laufzeit von zwei Jahren unterschrieben. Doch wenn der aktuelle Vertrag mit dem Kappeszug 2026 ausläuft, soll auch damit Schluss sein.
Für Andreas Picker, den Präsidenten des Karnevalsausschuss Neuss (KA), war Grotheer immer eine Bank. Wegen seiner guten Kontakte, wie er hinzufügt, habe der KA die Organisation des Straßenkarnevals Grotheer überlassen, der auch maßgeblich in die Erstellung eines Sicherheitskonzeptes eingebunden war, seit solche verlangt werden. Am Sonntag habe das überzeugend funktioniert, so Picker, sodass Neuss fröhlich und sicher Karneval feiern konnte.
Damit alles reibungslos funktioniert, war Grotheer den ganzen Samstag über mit seinem Sohn Roland in der Innenstadt unterwegs, um die Standorte für die Sperren zum Zugweg einem letzten Check zu unterziehen. Das tat er mit großer Routine und auch Gelassenheit, denn mit dem Treiben im Zeughaus hatte Grotheer nichts mehr zu tun. Die Kappesfete wie schon das Möhnetreiben am Altweiberdonnerstag hatte der KA schon anderweitig vergeben. Für Grotheer also ein Abschied in Raten.
Als Eventmanager war Grotheer lange eine echte Größe in Neuss, organisierte fünf Mal (bis 2004) das Hansefest und danach drei Mal unter dem Titel „Neusser Weihnachtstraum“ den Weihnachtsmarkt, für den er den Münsterplatz erstmals komplett überdachen ließ. Als sein damaliges Unternehmen, die Grobi Deutschland GmbH, 2007 wirtschaftlich Schiffbruch erlitt, wollte die Stadt die Zusammenarbeit mit Grotheer nicht fortsetzen – doch die Karnevalisten hielten ihm Treue.
Grotheers nach dem Crash neu gegründete Werbeagentur wird Sohn Roland, längst Teil der Firma, fortführen. Der aber, sagt sein Vater ohne Bedauern, habe sich geografisch anders orientiert.