Clemens-Sels-Museum in Neuss Sels-Museum: „Bauernkirmes“ zeigt Facetten eines Volksfestes
Neuss · Draußen feiern die Jecken – und im Clemens-Sels-Museum geht es auf dem Bild „Bauernkirmes“ hoch her. Wie in einem Wimmelbild lassen sich verschiedene Facetten des Festes entdecken.
Der Kappessonntag ist vorbei und die Neusser Jecken ziehen weiter – zu den Rosenmontagszügen in der Region. Auch wenn das Clemens-Sels-Museum montags für Besucher geschlossen hat, wird dort ebenfalls ausgiebig gefeiert. Und zwar das ganze Jahr über. Denn in der ständigen Sammlung ist die „Bauernkirmes“ aus dem 17 Jahrhundert zu sehen. Das Gemälde stammt aus der Werkstatt von Pieter Brueghel dem Jüngeren und zieht so manchen Besucherblick auf sich. „Es ist keine Karnevals-Szene im klassischen Sinne, die da zu sehen ist“, sagt Anita Hachmann, Kuratorin und stellvertretende Museumsleiterin. Doch weise das Bild einige Parallelen zu Volksfesten und damit auch zu Brauchtumsveranstaltungen wie den Karneval aus. Solche Kirmes- und Wirtshausbilder seien im 16. und 17. Jahrhundert vor allen Dingen in den Niederlanden beliebt gewesen, sagt Hachmann. „Sie wurden in mehreren Varianten gemalt und sprachen eine private Käuferschaft an.“
Der Anblick lässt an ein Wimmelbild denken: Gezeigt wird ein Volksfest, das sogenannte „Kirchweihfest“ in all seinen Facetten. Wer den Blick an die rechte Seite des Bildes wandern lässt, wird dort einige Spiele sehen, mit denen die Menschen sich die Zeit vertreiben konnten. Ein hoher Festbaum lädt zum Klettern ein: Wer ihn erklimmen kann, wird einen attraktiven Preis erhalten. Auf der anderen Seite wird Handel betrieben: Einige Bauern scheinen direkt vom Viehmarkt zu kommen. Sie schwatzen noch, während neben ihnen Bier gezapft wird.
Im Hintergrund ist eine Kirche mit einem Hochzeitszug zu sehen: Ein Musikant leitete die Gesellschaft in die Kirche. Im Vordergrund hat sich um einen Tisch eine muntere Runde Feierfreudiger gebildet, die den Tag bei Speis und Trank genießen. Ein verkleideter Mann steht vor ihnen, bereit für Stimmung zu sorgen. Einige von ihnen liegen sich eng umschlugen und küssend in den Armen. Eines dieser Paare wird von einem dahinterstehenden Mann kritisch beäugt. Das „sittenlose Treiben“ wird teils ironisch aufgegriffen. Hachmann verweist zum Beispiel auf ein Hühnerpaar, das gerade im Begriff ist, sich zu paaren.
Überhaupt ist das Besondere an dem Bild, dass es verschiedene Facetten eines solchen Festes zeigt, wie Hachmann erklärt. Es wird nichts romantisiert, stattdessen sind sowohl „Spiel und Spaß“ zu sehen, die Freude und Ausgelassenheit, aber auch die Kehrseite der Maßlosigkeit, der Exzesse und Auseinandersetzungen. Im Vordergrund ist etwa ein Mann zu sehen, der offensichtlich zu viel vom Wein genossen hat, wie Hachmann sagt. Einer Person wird ein Zahn gezogen, während im Hintergrund jemand versucht, ihr in die Tasche zu greifen und ihr Hab und Gut zu stehlen. Und hinter den Gruppen, die sich zum Spiel getroffen haben, ist längst eine Auseinandersetzung im Gange, bei der sogar die Mistgabeln gezückt werden. Das Bild zeige satirisch die Fehler der Menschen auf und erinnert an die Verantwortung, die jeder einzelne trägt, um den Genuss im Rahmen zu halten, sagt Hachmann.
Je länger man das Bild betrachtet, desto mehr Details wird man darin entdecken: Und weil es so vielfältig ist, ist es auch Teil der – Escape-Room-App „M1n3rva – Play the Game“. Die können sich Besucher kostenlos über den Appstore im Museum herunterladen. Spielend lässt sich damit die Museumssammlung entdecken. Die Spieler können kunstbezogene Rätsel lösen, Codes knacken und nebenbei etwas über Kunst lernen. Eine der Aufgaben wird sie zum Bild „Bauernkirmes“ aus der Werkstatt von Pieter Brueghel dem Jüngeren führen, vor dem es eine Frage zu beantworten gilt.