Neuss: Ein Bus ist kein Wohnzimmer
Busschulen für Kinder gibt es schon lange. Jetzt werden auch Senioren im Umgang mit dem ÖPNV geschult.
Neuss. Er macht sich auch mal zum Affen, wenn es dem guten Zweck dient: Franz-Josef Baumeister, Verkehrssicherheitsexperte der Polizei, hat reichlich Erfahrung damit, Kindern die Gefahren des Verkehrs anschaulich vor Augen zu führen. Am Mittwoch waren seine Schüler erheblich älter, denn erstmals haben die Stadtwerke in Kooperation mit der Polizei eine Busschule für Senioren getestet.
Baumeister fuchtelt mit den Armen, hebt warnend den Zeigefinger, stolpert durch den Linienbus wie ein Betrunkener und sagt Sachen wie: "Vorsicht, sonst gehen Sie hier ab wie ein Zäpfchen." Die zehn Bewohner des Seniorenzentrums Sonnenpark müssen ihre Entscheidung, an dem Experiment mitzuwirken, nicht bereuen. Sie prusten vor Lachen, erkennen aber auch den Ernst hinter Baumeisters humoristischer Art und suchen die Diskussion mit dem Polizisten.
"Beide Hände zum Festhalten beim Einsteigen nutzen. Nicht im Bus auf den Rollator setzen. Suchen Sie sich einen richtigen Sitzplatz. Ein Bus ist kein Wohnzimmer. Wenn der Fahrer plötzlich bremsen muss, fliegen Sie wie eine Geschosskugel durch den Gang", sagt Baumeister und erntet Kopfnicken bei den rüstigen Rentnern, die ihrem Dozenten berichten, dass sie alle sehr wohl noch mobil seien. "Und es sicher auch bleiben wollen", schiebt der Protagonist des Nachmittags lächelnd hinterher.
Es habe zuletzt in öffentlichen Verkehrsmitteln relativ viele Probleme gerade mit älteren Menschen, die auf einen Rollator angewiesen seien, gegeben, erklärt Gerd Dickhaus, Nahverkehrsbereichsleiter bei den Stadtwerken. Deshalb teste man die Senioren-Busschule. Auch die Auswertung von Aufnahmen der Videokameras, die in fast allen Bussen installiert seien, zeigten, dass schon Kleinigkeiten im Verhalten ausreichen würden, um Unfälle zu vermeiden.
Auf ein anderes Problem macht Jörg Steinhaus, Abteilungsleiter Vertrieb, aufmerksam: "Auch die Zahl der Taschdiebstähle, insbesondere bei älteren Fahrgästen in Bussen, hat leicht zugenommen. Ein wenig mehr Aufmerksamkeit, die Tasche nicht außer Acht lassen, auch im Gedränge - das würde wahrscheinlich genügen, um diese Zahlen sinken zu lassen." Man müsse die Betroffenen halt darauf aufmerksam machen, dass die Welt leider nicht immer nur gut sei.