Neuss: Zuviel für den Aufbau Ost
Urteil: Der Verfassungsgerichtshof gibt Klägern, auch Neuss, in Teilen Recht.
Neuss. Als sich 19 Städte und drei Gemeinden im Sommer 2006 entschlossen, Verfassungsklage gegen das Land einzulegen, wollten sie sich gegen zwei Vorgaben aus Düsseldorf wehren: Das Land verlange den Kommunen prinzipiell zuviel für den Solidaritätsbeitrag zum Fonds Deutsche Einheit ab, erklärten die Klägervertreter, unter ihnen Bürgermeister Herbert Napp. Und außerdem würden finanzstarke Städte gegenüber den schwachen benachteiligt - so auch und gerade die Argumentation der Stadt Neuss oder Düsseldorf. Gestern nun das Urteil des Verfassungsgerichtshofes des Landes in Münster: Darin wird den Städten und Gemeinden im ersten Punkt recht gegeben. Das Land hat demnach im Jahr 2006, auf das sich die Klage bezog, von den insgesamt eingenommenen 650 Millionen gleich 450 Millionen Euro zuviel verlangt (und erhalten). Diese Summe muss nun zurückgezahlt werden.
Als "großen Erfolg für die kommunale Familie" wertete gestern Stadtkämmerer Frank Gensler in Münster das Urteil. Ob Neuss speziell davon profitiere, sei derzeit noch nicht klar, ist doch noch offen, wie das Land das zurück zu zahlende Geld verteilen wird. "Deutlich geworden ist für das Land aber: So geht’s nicht, man kann uns nicht mehr dermaßen unverholen in die Tasche greifen", kommentierte der Beigeordnete. Der Vorwurf, dass das Land seine Zahlungen an den Fonds Deutsche Einheit zu einem übergroßen Anteil von Städten und Gemeinden refinanziere, ist nun gerichtsfest. Mit der Ansicht, dass Kommunen mit besonders großem Gewerbesteuereinnahmen gegenüber schwachen Kommunen, die mehr Schlüsselzuweisungen erhalten, benachteiligt seien, stehen Neuss, Düsseldorf und andere allein da.
Das Land ist nun vom Verfassungsgerichtshof aufgefordert, ab 2008 eine Neuregelung umzusetzen. Der Kreis der Kläger überlegt nun, für das Jahr 2007 erneut Verfassungsbeschwerde einzulegen. Am Freitag will Frank Gensler dem Stadtrat dazu einen Vorschlag machen.