Nordstadt beklagt Verkehrschaos
Raser, rücksichtslose Parker, Lkw in Wohngebieten: Viele Bewohner stört der dichte Verkehr im Neusser Norden.
Neuss. Renate Giebels war empört: „Wir wohnen auf der Pommernstraße und finden um unser Zuhause weit und breit keinen Parkplatz. Wir brauchen Anwohnerparkplätze“, forderte sie von Bürgermeister Reiner Breuer. Wie viele andere Nordstädter, die in den engen Straßen rund um das Johanna-Etienne-Krankenhaus wohnen, ärgert sie sich über viel Verkehr und zugeparkte Straßen.
„Das ist eine gute Gelegenheit, dem Bürgermeister dieses Dilemma mitzuteilen“, sagte Renate Giebels, die mit ihrem Mann und Nachbarn ins Papst-Johannes-Haus an der Gladbacher Straße gekommen ist. Unter dem Motto „Was läuft gut? Was könnte besser sein?“ hatte Breuer hat die Nordstädter gemeinsam mit Heinrich Thiel, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Neuss-Nordstadt, zum Dialog gebeten. 124 Anwohner waren der Einladung gefolgt und teilten mit, wo in ihrem Stadtteil im Einzelnen der Schuh drückt.
An die erste Wortmeldung von Renate Giebels reihten sich mindestens zehn weitere rund um teilweise katastrophale Verkehrsverhältnisse: Extreme Engpässe und Parkplatzprobleme rund um das Johanna-Etienne-Krankenhaus, Lkw, die verbotenerweise von den Kaarster Gewerbegebieten aus durch die Morgensternsheide nach Neuss fahren — ein Problem, das sich durch die Eröffnung des Ikea-Möbelhauses 2017 verschlimmern wird. Zudem machen fehlende Radwege und Fluglärm den Nordstädtern zu schaffen. Selbst die Kleinsten sind betroffen: „Durch unsere Spielstraße fahren die Autos viel zu schnell“, meldete sich Grundschüler Tom. Breuer gelobte Besserung, obwohl sich nicht für jedes dieser Probleme eine Lösung finden lasse. „Wir versuchen, Kompromisse zu finden“, sagte der Chef der Verwaltung. Hohes Verkehrsaufkommen durch das Ansiedeln von Betrieben wie dem „Etienne“ in Wohngebieten führe immer zu „ständigem Platzmangel und Gerangel um Kompromisslösungen. Drehen wir aber an einer Stelle den Hahn für den Verkehr ab, etwa durch Einbahnstraßen oder Sperrungen, sucht sich der Verkehr woanders einen Weg“, erläuterte er.
Die Stadt habe jedoch ein aktualisiertes Verkehrsgutachten zu der Situation rund um das Krankenhaus erstellt, das die Maßnahmen, die 2012 beschlossen wurden, etwa den Bau des Parkhauses und dessen Nutzen, evaluiere. „Das Gutachten zeigt: Es hat sich einiges gebessert. Das heißt aber nicht, dass es nicht noch besser gemacht werden muss“, so Breuer. Etwa gebe es im Parkhaus zu viele Leerstände, während an der Straße Parkdruck herrsche. „Man könnte die Parksituation etwa durch ein Angleichen der Parkpreise ausgleichen. Wir haben ein Maßnahmenbündel, das wir mit der Stadt diskutieren“, sagte er. Dazu gehören aber keinesfalls Anwohnerparkplätze, die laut Auskünften der Verwaltung außerhalb der Innenstadt nicht zulässig seien.
Nicht nur Autofahrer, auch Radfahrer beschweren sich über den Verkehr und schmale bis gänzlich fehlende Radwege im Neusser Norden. „40 bis 50 Jahre Stadtplanung nur fürs Auto lassen sich nicht so einfach umbiegen“, entgegnete Breuer. Verbesserungen für nicht-motorisierte Verkehrsteilnehmer seien ebenfalls auf dem Weg. Erarbeitet werde ein flächendeckendes Verkehrskonzept für die Nordstadt, in dem alle „Problemzonen“ berücksichtigt werden, sagte SPD-Ortsvereins-Vorsitzender Thiel. Die Frage sei nun, „wie schaffen wir es, das auch durchzubringen“.