Projekt in Neuss: Durch Singen Sprache fördern

Etwa 3100 Grundschulkinder aus 113 Klassen haben in Neuss momentan Unterricht nach dem Konzept von "Jedem Kind seine Stimme" (JeKiSti), das Musikschulleiter Reinhard Knoll als "tollkühne Idee" bezeichnet.

Neuss. Die Zweifel von Elke Boos waren schnell beseitigt: "Ich war anfangs skeptisch und befürchtete, das könnte für die Kinder langweilig sein. Doch das Gegenteil war der Fall. Dieses Projekt ist eine große Bereicherung für den Unterricht unserer Schule."

So wie die Lehrerin der Michael-Ende-Schule denken eigentlich alle, die an dem Modellprojekt von Staatskanzlei NRW und städtischer Musikschule in Neuss beteiligt sind. Es begann im September 2007.

Etwa 3100 Grundschulkinder aus 113 Klassen haben in Neuss momentan Unterricht nach dem Konzept von "Jedem Kind seine Stimme" (JeKiSti), das Musikschulleiter Reinhard Knoll als "tollkühne Idee" bezeichnet. Der Grundgedanke: Ausgebildete Sänger versuchen, den Kindern über deren eigene Stimme einen Zugang zur Musik zu eröffnen.

Eine ganz besondere Kooperation besteht dabei mit der Michael-Ende-Schule, wo Kinder mit dem Förderschwerpunkt Sprache über das Medium Singen Stimmübungen sowie Sprach- und Rhythmusspiele praktizieren. "Die Kinder geben ihre Zurückhaltung auf.

Sogar Schüchterne trauen sich, alleine vorzusingen", sagt Lehrerin Astrid Feldmann. Und Holger Müller, der für das Projekt das Grundschul-Programm koordiniert, erklärt: "Die Förderung der Kopfstimme in jungen Jahren hat eine wesentliche Auswirkung auf die Sprechstimme im Erwachsenenalter."

Rainer Schöneck, Leiter der Michael-Ende-Schule, ist ebenfalls von dem Projekt überzeugt. "Gerade Kinder mit sprachlichen Problemen erleben eine enorme Stärkung ihres Selbstwertgefühls", sagt der begeisterte Chorsänger. Und Knoll weiß: "Kinder, die stottern, stottern nicht, wenn sie singen."

JeKiSti findet jede Woche an 23 Grundschulen in Neuss statt. Ziel ist ein flächendeckendes Musikalisierungsangebot, das alle Kinder unabhängig von ihrem sozialen und kulturellen Stand erreicht. Der reguläre Musikunterricht soll nicht ersetzt, sondern sinnvoll ergänzt werden.

Eine Untersuchung durch die Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf brachte ein positives Zwischenergebnis: Singen bei JeKiSti mache nicht nur Spaß, sondern fördere auch die Konzentrationsfähigkeit und die soziale Kompetenz der Kinder.

Das primär durch Fördergelder des Landes finanzierte Projekt läuft trotz der positiven Ergebnisse im Sommer aus. Knoll rechnet aber bald mit der Zusage, dass eine Fortsetzung unter gleichen Bedingungen möglich ist.