Römer-Schatz im Tresor
1000 Geldstücke des 4. Jahrhunderts müssen noch bewertet werden.
Neuss. Der Mann war passionierter Sammler, Hobby-Archäologe mit Anspruch und Kenner der Neusser Historie. Doch was Josef Zillekens an einem kalten Tag in den 80er Jahren auf einem Feld des Norfer Hofes entdeckt, muss selbst im mit römischen Funden verwöhnten Neuss als Sensation gelten: Diverse kleine grüne Röllchen entpuppen sich als zusammengebackene spätrömische Münzen. Seit fast 30 Jahren lagern sie sicher in einem Tresor der Sparkasse.
Der Fund des 1986 gestorbenen Heimatforschers umfasst mehr als 1000 Münzen, die meisten aus dem frühen 4. Jahrhundert, aus der Regierungszeit von Kaiser Konstantin. Das macht sie so interessant: Es ist die Zeit, in der die römische Staatsgewalt zerbröselt, als fränkische Eindringlinge allmählich das Terrain erobern.
Quellen über diese Epoche in Neuss/Novaesium sind rar. Die großen Legionärslager bestehen nicht mehr, die Bevölkerungszahl geht zurück. Zivilsiedlung und Militärbasis sind offensichtlich zusammengelegt. Wo, ist unbekannt.
Dass überhaupt noch römische Soldaten um diese Zeit ihren Dienst „in Neuss“ tun, weiß man zum Beispiel durch einen Grabfund am Büchel: In dem Sarg lag ein Mann, dessen Gürtelschnalle und die Fibel aus dem 4. Jahrhundert stammen. Auch von der Busbahnhof-Baustelle kommen Funde: „Müll des 4. Jahrhunderts“, sagt Carl Pause, Archäologe am Clemens-Sels-Museum, „und wo Müll ist, haben ihn Menschen weggeworfen.“
Es bleiben viele Fragen. In Norf wird eine Villa rustica nachgewiesen — doch sie ist älter als der Münzfund in ihrer Nähe. Haben Menschen die Haus-Ruinen noch genutzt? Und wie kommen die Münzen ins Feld? Vergraben, um den Schatz vor Milizen zu sichern? Eine wertvolle Opfergabe für einen unbekannten Gott?
Nach dem Tod des rührigen Heimatforschers Zillekens übernimmt das Clemens-Sels-Museum viele seiner Sammlungen. Den Münzfund kauft die Sparkasse, um ihn für die Neusser zu bewahren. Seitdem liegt er, selten gezeigt, im Tresor. Noch immer sind die Münzen fein verschraubt eingefasst in Holzrahmen hinter Glas. Auf der Rückseite kleben Zettel mit teils handgeschriebenen Übersichten. Eine erste Bestandsaufnahme der in Paris und London, Trier und Arles geprägten Geldstücke mit magerem Silbergehalt. Mehr ist nicht geschehen.
Für Carl Pause steht fest, dass eine wissenschaftliche Aufarbeitung folgen muss. Vielleicht ergeben sich neue Erkenntnisse über die letzte Zeit der römischen Epoche, bevor Neuss in die „dark ages“ eintaucht. Erst im Hochmittelalter werden die Fakten wieder klarer.