Schild nimmt Betrachter mit auf eine Zeitreise

Neuss. Dem Schild sieht der Betrachter das stattliche Alter an, gleichwohl hat dessen Botschaft nichts von ihrer Aktualität eingebüßt: „Schutt abladen verboten“ ist zu lesen und um der Aufforderung Gewicht zu verleihen, führt die Obrigkeit auf, wer das Verbot ausspricht: „Der Oberstadtdirektor“.

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Zu besichtigen ist das Schild am Derendorfweg. Wer sich vom Höffner-Parkplatz (Kreisverkehr) in Richtung TÜV-Gelände (Kirmesplatz) bewegt, der entdeckt es nach rund 80 Metern auf der rechten Seite.

„Der Oberstadtdirektor“ — wer das liest, dessen Gedanken gestalten eine Geschichtsstunde. Wer oder was war ein Oberstadtdirektor? Was haben Persönlichkeiten gemacht, die diesen Titel trugen? Menschen, die in diesem Jahrtausend geboren wurden, werden sich schwertun, diese Fragen zu beantworten. Denn mit der Kommunalwahl 1999 wurden die letzten Oberstadtdirektoren im Land NRW außer Dienst gestellt. Den Titel führten die Chefs der Rathaus-Verwaltungen in kreisfreien Städten — wie es Neuss zum Beispiel bis zur Kommunalen Neugliederung am 1. Januar 1975 war.

Auch nach der so genannten Einkreisung durften die Stadtspitzen zunächst ihren „Ober“ behalten. In Neuss waren das Oberbürgermeister Herbert Karrenberg und Oberstadtdirektor Franz-Josef Schmitt. Aber am 31. Juli 1983 war endgültig Schluss. Aus Oberbürgermeister Hermann Wilhelm Thywissen — seit 28. Mai 1982 Nachfolger des verstorbenen Herbert Karrenberg — wurde ein Bürgermeister, aus Schmitt ein Stadtdirektor bis er Ende 1985 von Neuss in den RWE-Vorstand wechselte; Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff (bis 1992) wurde Stadtdirektor. Es folgten Bürgermeister Bertold Reinartz (ab 1987) und Stadtdirektor Bernhard Wimmer, die 1998 den Weg für den ersten hauptamtlichen Bürgermeister, Herbert Napp, frei machten. Ihn wählte zunächst der Rat; seit 1999 wählt die Bürgerschaft den Bürgermeister, der in Personalunion Vorsitzender des Rates und Chef der Stadtverwaltung ist.