Schützen könnten demnächst offener sein
Unter anderem geht es um wiederverheiratete Geschiedene, Muslime und Homosexuelle.
Rhein-Kreis. Mit dem Bezirksjungschützentag in Rosellerheide und dem Vogelschießen auf der Neusser Furth beginnt am Wochenende die Schützenfestsaison. Für die 18 Bruderschaften im Bezirk Neuss ist die Saison auch eine „Denkpause“ in einer Profildebatte, an deren Ende die Öffnung des katholischen Bundes der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften stehen soll. Die Richtung weist ein Positionspapier von Bundesschützenmeister Emil Vogt, der die Entscheidungsfreiheit der Vereine stärken und auf direkte Eingriffe vor Ort verzichten will. Doch völlige Freiheit ist für Bezirksbundesmeister Andreas Kaiser aus Norf nicht der Weg. „Wir wollen einheitliche Regeln“, sagt er. Der Bund müsse als solcher erkennbar sein.
Schon in den 1990er Jahren hatte der Bund eine solche Leitbilddiskussion geführt und 1997 abgeschlossen. Vielleicht habe man es damals besonders gut machen wollen, weil die Anerkennung als katholischer Verband angestrebt wurde, vermutet Kaiser. Denn damals hielt der Verband daran fest, dass wiederverheiratete Geschiedene von Führungsaufgaben auf höheren Ebenen des Verbandes ausgeschlossen bleiben. Auf dieser Basis büßte der Further Schützenpräsident Rolf Stein sein Amt im Bezirksvorstand ein. Heute dürfte er bleiben, denn dieser Passus wurde vor einigen Tagen von der Bundesvertreterversammlung gekippt. „Ankommen in der Lebenswirklichkeit“, nannte das der Bundesschützenmeister. Das hätte man schon früher haben müssen, sagt Kaiser. „Denn wir werden an den Themen dieser Zeit und dem Umgang damit gemessen.“
Dass in der katholischen Kirche auch viel in Bewegung geraten ist und auch dort mit Formulierungen wie „Ankommen in der Lebenswirklichkeit“ erklärt wird, flaniert die Bemühungen der Schützen. Denn die Anbindung der Bruderschaften an die (katholische) Kirche stand nie zur Disposition. „Wir wollen nicht das Angebot ändern, sondern Wege suchen, wie man es anderen zugänglich machen kann“, sagt Thomas Schröder (Vorst), der stellvertretende Bezirksbundesmeister. Dieser Anspruch berührt die zentrale Frage, wer Mitglied einer Bruderschaft sein kann. Aus der Kirche Ausgetretene, Nichtchristen oder Muslime können aufgenommen werden — wenn sie sich zu den christlichen Zielen der Bruderschaft bekennen und dies glaubhaft machen. Das sieht Schröder bei ungetauften Kindern, die ja nicht aus eigenem Entschluss ungetauft blieben, anders. Und er ist sicher: Der Umgang mit „ungetauften Mitgliedern“ verändert sich mit dieser Jugend. „Lebenswirklichkeit“, nennt Kaiser das.
Zur Lebenswirklichkeit des Bundes gehört längst, das auch Frauen Mitglied in Bruderschaften sind. Im Bezirk ist das — traditionell — noch nicht so, wird aber diskutiert.
Beim Umgang mit homosexuellen Königsanwärtern ist Kaiser auf der Linie des Bundes: Wer Mitglied ist, ist das mit allen Rechten. Die Frage sei, ob man am traditionellen Bild eines Königspaares festhält. Die Sexualität des Königs(bewerbers) ist für ihn gar kein Thema.