Schuldneratlas: 38 000 Bürger sind verschuldet

Die wenigsten Schuldner leben in Meerbusch, die meisten im Barbaraviertel.

Rhein-Kreis Neuss. Die gute Nachricht vorab: Die Zahl der überschuldeten Bürger ist gesunken. 10,3 Prozent aller Erwachsenen (Vorjahr 10,8 Prozent), das sind 38 000 Menschen, die im Rhein-Kreis Neuss wohnen, geben monatlich mehr Geld aus als sie verdienen.

Zum fünften Mal hat die Creditreform Neuss/Düsseldorf am Donnerstag ihren regionalen Schuldneratlas vorgelegt, der Aufschluss über Insolvenzen und Überschuldung von Privatpersonen in Neuss bietet.

Geschäftsführer Detlef Frormann kommt dabei zu der Überzeugung, dass ein Teil der Schuldner klar über seine Verhältnisse lebe. "Die Hauptursachen für Überschuldung sind Arbeitslosigkeit und Einkommensarmut. Zudem ist die konsumfixierte Überschuldung sozial Benachteiligter ein großes Problem."

Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen verzeichnete im ersten Halbjahr 2008 einen leichten Anstieg um 0,9 Prozent, insgesamt wird für 2008 ein Anstieg von 14,6 Prozent erwartet, das sind somit rund 570 Verfahren mit einem Schadenspotenzial von 58Millionen Euro.

Rainer Bovelet, zuständig für Konjunkturforschung bei der Creditreform, warnt: "Durch den herben Konjunkturrückgang erwarten wir eine neue Überschuldungswelle." Stolz ist Bovelet darauf, dass er bundesweit die einzige Analyse böte, die Aufschluss bis in die Stadtteile biete: So wohnen die wenigsten Schuldner in Kierst (3,78 Prozent), die meisten leben im Neusser Barbaraviertel, hier sind es 26,5 Prozent.

Eines will Bovelet klarstellen: Auch wenn sich der bundesweit positive Trend bei der Entwicklung der Verbraucherinsolvenzen (-7,2 Prozent) in Neuss nicht widerspiegele, so sei das kein Grund zur Besorgnis: "Tatsache ist, dass die Schuldnerberatungsstellen bundesweit hoffnungslos überlastet sind. Wartezeiten betragen bis zu acht Monaten für ein erstes Beratungsgespräch", sagt Bovelet.

Die Versorgung im Rhein-Kreis Neuss sei weitaus günstiger. So könnten Insolvenzen schneller abgewickelt werden. "Die schnelle Abwicklung ist wichtig, denn seit 2001 gibt es die novellierte Verbraucherinsolvenz. Das heißt, nach einer Zeit von sechs Jahren ist der Betroffene schuldenfrei und kann wieder am wirtschaftlichen Leben aktiv teilnehmen".

An der Analyse der Creditreform sind auch Vertreter aus Verwaltung und Politik interessiert. "Die Politiker haben hiermit eine Vorlage für ihr Handeln. Denn sie sehen ja klar, welche Stadtteile finanziell potenter sind und weniger Hilfe brauchen als andere." Auch das Sozialamt habe sich die Zahlen schon kommen lassen. Die Creditreform hat in der Zeit des Konsumrauschs vor Weihnachten am Donnerstag die Kehrseite präsentiert: "Es ist wichtig und gut, dass wir seit fünf Jahren in diesem Thema rumstochern", sagt Frormann.