So agieren die „Osmanen Germania“
Die „Osmanen“ inszenieren sich martialisch. Sie gelten in Deutschland als am schnellsten wachsende Rocker-Gruppe.
Neuss. Die Mitglieder des Boxclubs „Osmanen Germania“, die von der Polizei der Rocker-Szene zugerechnet werden, haben sich am Montagabend nicht zum ersten Mal in Neuss getroffen. Bereits am Donnerstag versammelte sich eine Gruppe meist türkischstämmiger „Osmanen“ in der Innenstadt und posierte vor dem Sozialamt für ein Foto, bevor sie an der Michaelstraße in eine Bar einkehrte.
Die Frage ist jedoch nicht nur, weshalb sich die Mitglieder der „Osmanen Germania“ Neuss als Treffpunkt ausgesucht haben. Zu klären ist auch, was den Club antreibt. Klar ist, dass in den vergangenen Monaten insbesondere bei Facebook sukzessive neue Gruppen gegründet wurden, die auf Ableger oder Supporter Clubs der „Osmanen Germania“ schließen lassen. Neben dem in Frankfurt am Main ansässigen „World Chapter“ finden sich Hinweise, dass es die „Osmanen Germania“ zum Beispiel auch in Köln und Düsseldorf gibt. Die offizielle Facebook-Gruppe hat 4031 „Gefällt mir“-Klicks, die Neusser Gruppe 269 Mitglieder (Stand gestern).
Im November 2015 kam es in Berlin zu einer ähnlichen Machtdemonstration der „Osmanen Germania“ wie in Neuss. 240 Kuttenträger reisten damals an und wurden von 220 Polizeibeamten empfangen. In Deutschland gelten die „Osmanen“ als am schnellsten wachsende Rocker-Gruppe.
Die inszeniert sich auf Fotos und in Musikvideos, die zum Beispiel bei YouTube kursieren, gerne martialisch. Stolz und Ehre spielen eine große Rolle — aber keine Nationalitäten. „Osmanen Germania ist ein Boxclub und darüber hinaus eine große Familie für alle verschiedenen ethnischen Gruppen“, heißt es.
An anderer Stelle wird auf der Facebook-Seite erklärt: „Unser Boxclub ist eine Vereinigung von Anhängern des Sports, ebenso verhalten wir uns. Disziplin, Sportlichkeit und angemessene Umgangsformen sind ein Teil unserer Vereinskultur seit Tag eins.“ Der Box-Club denkt ziemlich wirtschaftlich — inklusive Merchandising. Bei Ebay werden beispielsweise T-Shirts angeboten.
Ganz zahm geht es aber offenbar nicht immer zu. Es gibt Berichte über Schlägereien zwischen der „Osmanen Germania“ und Hells Angels im Frankfurter beziehungsweise Offenbacher Raum. Die zuständige Polizeibehörde bestätigt lediglich „Auseinandersetzungen zwischen Rockergruppierungen“. Namen werden nicht genannt. Sowohl das Landeskriminalamt (LKA) Nordrhein-Westfalen, als auch das LKA Hessen gaben gestern keine Einschätzung zu den „Osmanen Germania“ ab.
Bislang gab es in Neuss keine Rocker-Szene, doch der Aufmarsch der „Osmanen“ hat auch die Politik nachdenklich werden lassen. „Wir als Politiker gucken da noch etwas hilflos aus der Wäsche“, gab die CDU-Fraktionsvorsitzende Helga Koenemann zu. Sie ist überzeugt, dass die Politik auf solche Veränderungen in der Gesellschaft „anders reagieren muss“.