Älteste Chocolaterie in Neuss Schokoladen-Tradition trifft Moderne
Neuss. · Kein Neusser Geschäft verkauft seit so langer Zeit Schokolade wie die Chocolaterie Mayser.
Die Glocke, die jeden Besucher der Chocolaterie Mayser in der Neusser Innenstadt ankündigt, bleibt an diesen Tagen nicht lange still. Nicht einmal der Nieselregen kann die vorweihnachtliche Stimmung der Kunden versauen, sie schlendern im Geschäft an Regalen voller Leckereien in jeder erdenklichen Form vorbei: Pralinen, Schokotafeln, Kekse und festliche Liköre. Für das Neusser Familienunternehmen ist Weihnachten eine besondere Zeit. Und das nicht nur, weil in dieser Saison die Umsätze am stärksten sind.
Alleine 250 Pralinensorten bietet das Neusser Schokogeschäft an. „Die Klassiker sind zur Zeit immer noch am meisten gefragt“, sagt Vera Stiegen (40), die mit ihrer Schwester Biggi Schmidt (44) die älteste Chocolaterie der Stadt betreibt. Spekulatius, Vanille, Rum und Bratapfel vermischen sich im Laden zu einem süßen Duft, der einen von Weihnachtsbäumen, Schnee und Geschenken träumen lässt. Noch vor ein paar Wochen war der große Adventskalender-Ansturm – davon ist im Laden nichts mehr zu spüren. Die meisten Türchen durften schon geöffnet und der Inhalt vernascht sein. Besonders beliebt ist im Winter das Marzipan, hergestellt nach hauseigenem Rezept. „Unser Marzipan hat weniger Zucker und ist vor allem frisch – mit handelsüblicher Ware ist das nicht zu vergleichen“, sagt Stiegen. Die Zutaten habe schon ihr Großvater niedergeschrieben.
Auch wenn die süße Masse seit 1993 nicht mehr in der damaligen Kocherei am Büchel hergestellt wird, ist sie immer noch ein Mayser Original. „Wir lassen das heute von anderen produzieren. In der nötigen Menge ist es am neuen Standort nicht möglich. Wir achten darauf, dass wir möglichst kleine Hersteller fördern“, sagt Stiegen.
Das Familien-Unternehmen
ist fast 140 Jahre alt
Seit der Gründung 1882 ist die Familie Mayser an die Neustraße gezogen. Die Schwestern, die das Unternehmen in vierter Generation betreiben, tragen nicht mehr den Nachnamen Mayser, doch sie sind von dem Schokoladengeschäft ihrer Familie geprägt worden. „Wir haben früher nicht mit Knete gespielt, sondern mit Marzipanklumpen“, so Stiegen. Mit 13 Jahren halfen die beiden schon aus, heute leiten sie zusammen das Familiengeschäft. Ursprünglich wollten sie das nicht, denn die selbständige Arbeit verlange einem viel ab, sagt Stiegen: „Da hängt das Herz aber doch dran.“
Das tut nicht nur ihr Herz, sondern auch viele Neusser. „Uns kennen viele Kunden noch von ihren Eltern oder Großeltern, wir haben ein großes Stammpublikum. Am Ende ist Neuss doch ein Dorf – jeder kennt jeden“, so Stiegen. Es ist allerdings nicht alles klassisch und traditionell bei Mayser. Auch ein Schokoladengeschäft muss mit der Zeit gehen: Veganes, Fair Trade und Bio gehören dort zum Angebot. Auch was den Geschmack angeht, ist der deutsche Kakaokonsument manchmal offen für Neues. „Des gesalzene Karamell ist vor etwa einem Jahr in die Chocolaterie angekommen. Es kommt ursprünglich aus Frankreich, viele waren am Anfang skeptisch“, sagt Stiegen. Aber die Kunden und auch ihre Schwester haben die Kombination aus Salzigem und Süßem schnell lieb gewonnen. Stiegen bevorzugt dann doch eher das Klassische – ihre aktuelle Lieblingspraline ist Marzipan-Krokant.