Spaziergang durch einen Stadtteil im Wandel

Peter Dieter Schnitzler vom Initiativkreis Nordstadt verrät die schönste Route.

Foto: woi

Neuss. Beschließt in der Frühlingszeit ein Neusser aus der City, einen Blick in den Norden der Stadt zu wagen, sollte er einmal auf der neuen Brücke beginnen, die von der Rheintorstraße über das Hafenbecken geschlagen wurde. Dort hat er einen der schönsten Ausblicke auf die Stadt. Nur der Heilige Quirinus hat eine noch besseren Position. Der Neusser ist hier, viele wissen das nicht, am Rande des Barbaraviertels, eines der Bezirke, die zur Nordstadt gehören.

Dreht er Quirinus den Rücken zu, sieht er auf die denkmalgeschützten Gebäude des Werhahn-Geländes, die, wenn denn die Juristen zu einem Schluss gekommen sein werden, zu dem Entwurf gehören, der diesem Standort eine aufsehenerregende neue Silhouette verleihen wird. Geht unser Mensch über die Collingstraße und die Salzstraße mit der finsteren Unterführung weiter — hier hätte er allerdings die Chance zu Atelierbesuchen bei namhaften Künstlern wie der Malerin Melanie Richter — erreicht er auf der anderen Seite des Bahnkörpers die südliche Furth. Links der Karl-Arnold-Straße, hinter dem Jobcenter, liegt das Areal der ehemaligen Schraubenfabrik. Dort steht unserer Stadt eines der größten Abenteuer bevor, die sie bezüglich des Städtebaus zu bestehen hat. Der in den Himmel ragende Schornstein soll erhalten bleiben, auch eine Fassade des Verwaltungsgebäudes und eine Werkshalle aus der Gründerzeit der Firma. Jedenfalls sah man die Investoren bei der Präsentation froh gelaunt auf die Pläne blicken. Die Halle könnte etwa nach entsprechender Herrichtung dem Clemens-Sels-Museum als Dependance dienen. Es hätte bei seiner Raumnot die Möglichkeit, mitten im bevölkerungsreichsten Bezirk der Stadt — etwa 9700 Einwohner auf einem Quadratkilometer — einen seiner Sammelschwerpunkte zu präsentieren.

Peter Dieter Schnitzler, vom Initiativkreis Nordstadt

Geht nun der Innenstädter weiter, stößt er auf das Quartier „Südliche Furth“. Auf einer Industriebrache ist nach den preisgekrönten Entwürfen der Architekten Agirbas und Wienstroer ein viel gelobtes Wohnviertel entstanden. Man darf sich von den Schallschutzwänden nicht abhalten lassen, man muss hineingehen, um seinen ganzen Charme zu erfahren.

Verlässt unser City-Neusser den Ort über die Ripuarierstraße, biegt kurz nach rechts auf die Römerstraße ab und dann gleich wieder links, steht er in einer der schönsten Straßen nicht nur der Nordstadt, der Kettelerstraße im denkmalgeschützten Kolpingviertel. Über die Gotenstraße weitergehend, erreicht er die Fesserstraße. Ginge er nach rechts, wäre er an der nächsten Ecke an einem weiteren großen Planungsgebiet für den Wohnungsbau. Geht er aber nach links, erreicht er an der Furtherstraße den Berliner Platz mit der von Marga Groove-Markovic geschaffenen „Trauernden“, der Reformationskirche und der Christ-König-Kirche, deren 27 Meter überspannende Kuppel ein bautechnisches Meisterwerk darstellt.

Nun sollte unser Wanderer weiter über die Furtherstraße nach Norden gehen, vorbei am Tanzraum Neuss und dem neuen Einkaufszentrum und in die noble Jostenallee einbiegen. An ihrem Ende stößt er neben dem altehrwürdigen Gebäude des Marie-Curie-Gymnasiums auf den Jostensbusch und damit auf ein nicht weniger bedeutsames städtisches Vorhaben. Dort arbeitet man nach den Zerstörungen des Sturmes Ela an der Wiederherstellung der Parkanlage.

Wie auch immer unser Innenstädter die Nordstadt bisher erlebt haben mag, er hat sie in einem spannenden Prozess befindlich gesehen. Dabei wartet aber in den heute nicht besuchten Bezirken noch viel auf ihn. Aber morgen ist ja auch noch ein Tag.