SPD wirft CDU Spiel auf Zeit vor
Die Bushaltestellen der Stadt sollen bis 2022 barrierefrei sein, doch einige Halte werden wohl erst später umgebaut.
Neuss. Die Stadt steht vor einer Mammutaufgabe — und hofft dabei auf den Faktor Zeit. Bis zum 1. Januar 2022 sollen alle Bushaltestellen in Neuss barrierefrei sein. Laut Personenbeförderungsgesetz soll der Nahverkehrsplan die Umsetzung regeln. Und der bietet eine Ausnahme: Die Frist gilt nicht, wenn Ausnahmen im Nahverkehrsplan konkret benannt und begründet werden. An einer entsprechenden Priorisierung wird derzeit gearbeitet, auch, um beim Ausbau etwas Luft zu haben. Laut Planungsdezernent Christoph Hölters sind in Neuss aktuell 137 der 224 Haltestellen noch nicht barrierefrei. „Die Hälfte davon wird allerdings eher selten frequentiert“, sagt Hölters. Das könnte Spielraum bieten, um die barrierefreie Gestaltung erst später umzusetzen. Die 70 nicht stark frequentierten Haltestellen sollen daher erst nach 2022 barrierefrei werden.
Das würde die Stadt beim Ausbau entlasten. Alles bis 2022 zu stemmen, sei laut Verwaltung alleine aus Kapazitätsgründen nicht machbar. Ein Problem ist jedoch nicht nur die bauliche Umsetzung der Maßnahme, sondern auch die Finanzierung. Pro Haltestelle müsse — je nach Größe der Umgestaltung — mit Kosten ab 50 000 Euro gerechnet werden, man sei auch schnell im Bereich über 100 000 Euro. Einen Großteil davon muss die Stadt schultern. „Es gibt zwar Fördermittel vom Land, allerdings liegt der maximale Betrag bei 25 000 Euro je Haltestelle“, erklärt Hölters.
Karl Heinz Baum (CDU) hadert mit den Kosten. Der Vorsitzende des Planungsausschusses verweist auf die Finanzierungsfrage. „Wenn es eine verbindliche Verpflichtung seitens des Landes zum Umbau gibt, müsste die Förderung meines Erachtens viel höher sein“, betont er. Und er sieht Klärungsbedarf, wie die Barrierefreiheit im jeweiligen Einzelfall baulich umgesetzt werden soll. „Wir sind für Barrierefreiheit — aber das darf nicht zulasten eines verstärkten Rückbaus von Busbuchten gehen“, warnt Baum. Der Umbau müsse den fließenden Verkehr berücksichtigen. Im Juni hatte die CDU daher zum Beispiel noch einmal kurzfristig erneuten Prüfbedarf im Fall der Haltestelle „Sporthafen“ an der Kölner Straße angemeldet, so dass eine Entscheidung erst in der Juli-Sitzung des Rates gefällt wurde.
Die SPD hadert mit solchem Vorgehen. „Barrierefreiheit ist in Neuss viel zu lange vernachlässigt worden. Das Hin und Her kostet nur noch mehr Zeit“, sagt Sascha Karbowiak (SPD). Die CDU betreibe eine Art Zeitspiel. „Es ist nicht nachvollziehbar, dass wir hier wieder und wieder über längst Besprochenes diskutieren müssen.“
Baum weist den Vorwurf zurück. Es gehe schlicht darum, die beste Lösung zu finden. Im Fall der Haltestelle „Sporthafen“ habe man der „Kompromiss-Lösung“ dann auch zugestimmt.
Die Frage ist nun, wie viele Haltestellen bis 2022 umgerüstet werden können. Karl Heinz Baum hat der Verwaltung jetzt einen Fragenkatalog geschickt, in dem es um Rahmenbedingungen und Ausnahmen für den barrierefreien Ausbau bis zum Stichtag 1. Januar 2022 geht — und um die weitere Behandlung in den politischen Gremien.