Spuren von Flutkatastrophe gefunden
Die Funde bei den Grabungsarbeiten nahe dem Alten Schloss deuten auf ein massives Erfthochwasser hin.
Grevenbroich. Archäologen sind in der Nähe des Alten Schlosses auf die Spuren einer mittelalterlichen Flutkatastrophe gestoßen. Im 14. Jahrhundert ist die Erft offenbar massiv über ihre Ufer getreten und hat dabei immense Kräfte entwickelt. „Es war ein gewaltiges, vermutlich klimatisch bedingtes Hochwasser“, sagt Grabungsleiter Horst Husmann von der Kölner Firma Ibeling. Wann sich diese Überschwemmung ereignet hat, ist noch unklar.
Seit Anfang Mai laufen die archäologischen Arbeiten auf der Baustelle des Schlossbades. Neben zahlreichen Scherben und einer Pfeilspitze sind mittlerweile mehr als 600 Holzfunde gemacht worden. Unter anderem wurde eine aus zugespitzten Eichenpfählen konstruierte Spundwand entdeckt, die auf einen künstlich angelegten Wassergraben hinweist. Husmann spricht hierbei von hochkarätigen Funden.
Die Archäologen graben innerhalb der alten Flussablagerungen der Erft, die sich bis heute offensichtlich weiter nach Norden verlegt hat. In den Sedimenten wurden viele große und kleine Hölzer entdeckt, die wie Mikadostäbe neben- und aufeinander liegen. Zudem wurden Rammpfähle gefunden, die alle einheitlich in südlicher Richtung abgeknickt sind. „Wir vermuten, dass für dieses Erscheinungsbild nur eine sehr kräftige Flut in Frage kam“, berichtet Horst Husmann.
Nach Meinung der Archäologen trat die — wohl an der Mühle bereits aufgestaute — Erft bei einem starken Hochwasser massiv über die Ufer und strömte in die Aue in Richtung des Schlosses. Durch die Wucht der Flut — vermutlich durch starke Regenfälle ausgelöst — brach zum Teil das Ufer weg, Bauwerke wurden zerstört. Ob Menschen bei der Katastrophe ums Leben kamen, steht noch nicht fest. Zumindest wurden bisher keine Knochenfunde im Erdreich gemacht.
„Die bislang untersuchten Hölzer stammen nach vorläufigen Erkenntnissen aus der Zeit um 1310 und 1320. Völlig unklar ist noch, ob es einen Kontext zu einer historisch überlieferten Flutkatastrophe gibt“, berichtet Horst Husmann. Dies würden erst weitere Untersuchungen im Gelände und im Labor klären können.
Einen Zusammenhang mit dem verheerenden „Magdalenenhochwasser“, das im Juli 1342 das Umland zahlreicher mitteleuropäischer Flüsse heimsuchte, will Husmann zurzeit nicht herstellen.
Die Archäologen vermuten, dass die Bauten rund um das Alte Schloss aufwendig und mit einem großen Stab von Experten und Arbeitern errichtet wurden. Möglicherweise entstanden sie, nachdem die Grafen von Kessel ihre Burg verlassen hatten und die Herzöge von Jülich im Jahr 1308 die Regie übernahmen.
Wie lange die Grabungen andauern werden, steht noch nicht fest.