St. Martin: Sorge um Datenschutz

Der Martinsverein befürchtet rechtliche Konsequenzen durch die alljährliche Spendensammlung.

Foto: Skiba

Büttgen. Fast jeder Büttgener kennt sie: Die gut gefüllte Tüte, die zu St. Martin an die Kinder verteilt wird. Und das schon länger als ein halbes Jahrhundert. „Das ganze Dorf trägt St. Martin. Seit 63 Jahren“, sagt Uschi Baum, zweite Vorsitzende des Büttgener Martinsvereins, und Gabi Kammann-Götzen, Kassenwartin, fügt hinzu: „Wir packen jedes Jahr um die 1100 Tüten für Büttgener Kinder.“ Doch nun ist diese beliebte Tradition in Gefahr. Grund ist die neue Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die ausgerechnet kleine Vereine wie den Martinsverein trifft.

Baum stellt klar: „Dabei geht es nicht um unsere Homepage oder Facebook-Seite, sondern ausschließlich um die Haussammlung.“ Durch die Haussammlung werden sowohl die Tüten, als auch der Martinszug finanziert. Die Haussammlung sieht so aus, dass 75 ehrenamtliche Helfer durch Büttgens Straßen gehen, an den Haustüren klingeln, und fragen, ob und wenn ja, wie viele Tüten der jeweilige Haushalt haben möchte. Rund 8000 Euro kosten die Martinstüten jedes Jahr, etwa 2000 Euro der Martinszug selbst, inklusive Musikkapellen, Pferd, Versicherung und Kostüm. Wie hoch die Spende für die Tüten ausfällt, ist allerdings jedem selbst überlassen. Das Problem: Die Listen, die die freiwilligen Helfer dabei haben, in welche der Spendenbetrag sowie die Daten der Spender eingetragen werden, entsprechen nicht der Datenschutzverordnung. Jeder, der eine Tüte haben möchte, müsste nochmal einzeln genehmigen, dass seine Daten aufgenommen werden. „Das ist einfach nicht möglich“, sagt Baum. Hinzu kommt die Tatsache, dass neben dem vierköpfigen Vorstand noch 75 weitere Menschen für den Verein tätig sind — ab zehn Personen muss ein Datenschutzbeauftragter bestellt werden.

Gabi Kammann-Götzen, Kassenwartin

Nun suchen die vier Frauen, die den Vorstand bilden, eine Lösung. Denn aus gebildeten Rücklagen wäre der Martinszug und auch die Ausgabe der Tüten in diesem Jahr zwar noch gesichert, darüber hinaus aber nicht. Ein großzügiger Spender würde alle Sorgen lösen. Da das aber eher unwahrscheinlich ist, suchen die Frauen eine andere Lösung.

Nach einem ersten Aufruf hat sich zumindest schon mal Hans Albert Pauken aus Büttgen gemeldet, der sich mit dem neuen Gesetzt gut auskennt. Er ist davon überzeugt, dass eine Haussammlung auch weiterhin möglich ist. „Es gibt viele Missverständnisse, was die DSGVO betrifft.“ Im Grunde habe sich im Vergleich zum bisherigen Bundesdatenschutzgesetz nicht viel verändert — bis auf die horrenden Strafen, die bezahlt werden müssen, sollte herauskommen, dass gegen die DSGVO verstoßen wurde.

Und genau da liegt das Problem: Viele Passagen der Verordnung kann man unterschiedlich auslegen. Da die Verordnung noch neu ist — am 25. Mai 2018 wurde sie wirksam —, gibt es noch keine Fallbeispiele, an denen man sich orientieren kann. „Und das ist uns zu heikel“, sagt Baum und spricht auch für die anderen Mitglieder des Vorstands. Denn sie alle machen die Arbeit freiwillig. „Wir alle stehen aber in der Haftung“, sagt Baum.

Dass die Behörde tatsächlich dem Martinsverein einen Besuch abstattet, ist unwahrscheinlich. „Aber es gibt auch immer Menschen, die es nicht gut meinen. Und wenn uns jemand anschwärzt, und die Verordnung gegen uns ausgelegt werden sollte, müssen wir zahlen“, sagt Kammann-Götzen. Also haben die vier Frauen den Entschluss gefasst, dass sie nicht aktiv werden, so lange keine schriftliche Auskunft über die Thematik vorliegt.