Stadt wegen Investor unter Druck

Falls auf dem ehemaligen Firmengelände von Eternit nicht vorzeitig ein Supermarkt errichtet werden kann, droht der Projektentwickler Etex mit einer Langzeitvermietung an Logistikunternehmen. Das wäre nicht im Sinne der Anwohner.

Foto: L. Berns

Gnadental. Die Firma Eternit versucht mit Nachdruck, den vorgezogenen Bau eines Nahversorgungszentrums auf ihrem Firmengelände zwischen Berghäuschensweg und Kölner Straße durchzusetzen. Und sie droht sogar. Sollte die Stadt das nicht möglich machen, so heißt es in einem vertraulichen Schreiben an alle Fraktionsvorsitzenden, könnte die angestrebte Entwicklung auf der 70.000 Quadratmeter großen Fläche „auf nicht absehbare Zeit verzögert werden“. Schlimmer noch: Das Unternehmen stellt eine „langjährige (...) Vermietung an Logistikunternehmen und Gewerbetreibende“ in Aussicht. Das wäre nicht im Sinne der Stadt und erst Recht nicht der Anwohner, doch die Politik reagiert zunächst gelassen. „Wir vergolden ihm doch das Grundstück“, meint nicht nur Ingeborg Arndt (Grüne).

Seit 2014 ist die Firma Essertec Mieterin der Fläche und der Fertigungshallen von ehemals Eternit. Der Mietvertrag läuft im März 2020 aus, bis dahin soll die Produktion an einen anderen Standort verlagert werden. 8400 Quadratmeter des Gesamtareals blieben von diesem Mietgeschäft aber ausgeklammert. Dort will die Etex Holding GmbH für den Grundstückseigentümer Eternit einen Supermarkt und einen Fachmarkt mit 2500 beziehungsweise 700 Quadratmetern Verkaufsfläche sowie vier Shops errichten und 130 Stellplätze bauen. Und das möglichst umgehend. Denn mit diesem Investitionsprojekt soll Geld für den Abbruch der 31.000 Quadratmeter großen Industriehallen und die Entsiegelung der Fläche erwirtschaftet werden.

Nach Aussage der Etex-Immobilienabteilung wird dafür ein „mittlerer einstelliger Millionenbetrag“ benötigt. Fehlt diese Einnahme, müsse das Geld durch Zwischenvermietung —etwa an eine Spedition — angespart werden. In der Prioritätenliste der Etex würde Neuss nach unten rutschen, eine Hängepartie wäre vermutlich die Folge.

Diese „Notlage“ klingt in den Ohren manches Stadtverordneten etwas konstruiert. Denn gegenwärtig liegt der Quadratmeterpreis für diese Industriefläche laut Bodenrichtwertekarte bei 150 bis 170 Euro. Ist erst einmal Baurecht geschaffen — es soll schließlich ein gemischt genutztes Quartier mit 320 Wohneinheiten entstehen —, könnte der Besitzer der Fläche 350 Euro pro Quadratmeter verlangen.

Die Stadt bleibt deshalb dabei, erst einen städtebaulichen Wettbewerb für die Gesamtfläche zu starten, zu dem fünf Architekturbüros eingeladen werden sollen. Denn einerseits hat man im Rathaus die Befürchtung, dass die Bezirksregierung einer Teilumwandlung im Flächennutzungsplan nicht zustimmt. Andererseits hat die Stadt mit dem Planungsrecht ein As im Ärmel. In diesem Wissen erlegt sie dem Investor die Pflicht auf, umfangreiche Immissions- und Emmissionsschutzgutachten zu erstellen — auch wenn er deshalb mächtig knurrt.