Stadtentwicklung am östlichen Innenstadtrand von Neuss Neuss sucht Ideen für Wendersplatz

Neuss. · Zwei Wettbewerbe sollen über die künftige Nutzung des Platzes entscheiden.

Die Tage, in denen der Wendersplatz als Parkfläche diente, sind gezählt. Das Areal soll anders genutzt werden.

Foto: Georg Salzburg

Der Wendersplatz war die längste Zeit nur Parkplatz. Mit überwältigender Mehrheit sprach sich der Rat jetzt dafür aus, zwei städtebauliche Wettbewerbe vorzubereiten. Nur die UWG/Freie Wähler zieht nicht mit. Es könne von keinem offenen Verfahren die Rede sein, wenn der Bürgermeister schon Pflöcke einschlägt, sagte der Fraktionsvorsitzende Carsten Thiel. Demnach sind Wohnhäuser ausgeschlossen, Einzelhandel nicht vorgesehen und Favoriten die – zu prüfende – Verlagerung des Clemens-Sels-Museums in Verbindung mit einer öffentlichen Einrichtung für „publikumsintensive Bürgerdienste“.

Abgemacht ist das aber keineswegs, denn ein reiner Ideenwettbewerb soll sich zum einen der offen gestellten Frage widmen, was auf dem Wendersplatz entstehen könnte/sollte. Viel konkreter – und gleich als Realisierungswettbewerb deklariert – geht es zum anderen um die Frage, wie Verkehrsflächen und Freiräume zu gestalten sind, damit die Hessentorkreuzung mit der Verkehrsachse Europadamm-Batteriestraße keine Barriere mehr zwischen City und Wendersplatz darstellt.

Die Verwaltung wird dem Planungsausschuss die Ausschreibungsunterlagen noch einmal vorlegen (müssen), bevor das Verfahren startet. Und sie muss darlegen, wie sie zwei in Teilen gegensätzliche Anträge von CDU und Grünen beziehungsweise SPD und FDP bewertet hat. Wichtigster Streitpunkt: „Die Koalition will erst wissen, was auf den Platz kommt, bevor sie das Thema Verkehr angeht“, fasst Karl-Heinz Baum (CDU) die eine Position zusammen. SPD und FDP wiederum wollen vor allem klären, ob man den Knotenpunkt Hessentorkreuzung überhaupt fußgänger- und fahrradfreundlich verkehrsberuhigen kann. Ihnen pflichtet Planungsdezernent Christoph Hölters bei: „Der Realisierungswettbewerb ist die Nagelprobe.“

Ohne Regulierung fahren Autofahrer langsamer

Eine Idee dazu hat die Stadt schon entwickelt: „Shared Space“, die gleichberechtigte Nutzung des Straßenraumes für alle Verkehrsteilnehmer. In Duisburg konnten die Planungspolitiker die Umsetzung der Idee schon besichtigen. Das hat Eindruck gemacht. „Plätze, die bisher einseitig von Autos in Anspruch genommen wurden, konnten für andere Verkehrsteilnehmer geöffnet werden“, nennt Sascha Karbowiak (SPD) eine Schlussfolgerung. „Der Verkehr fließt langsam aber staufrei“, ergänzt Ingeborg Arndt (Grüne), die den gleichen Effekt schon in kleinem Maßstab an der ampelbefreiten Kanalstraße ausmacht: „Der Autofahrer fährt aufmerksam, wenn er keine Regulierung hat.“ Das bestätigt auch Falko Firlus, Sprecher der Stadt Duisburg, mit Blick auf 13 Jahre Erfahrung.

Die Union glaubt, dass man sich an dieses Modell herantasten müsste und will, wie Ingrid Schäfer betont, auch andere Lösungen wie einen Tunnelbau geprüft sehen. Heinz Hick von der Neuss-Agenda teilt die so angedeutete Skepsis gegenüber Shared Space. Sein Ansatz: „Die Verwaltung verschweigt, dass sie Verkehrsbeziehungen beseitigen muss, um ein solches Ziel an der Kreuzung Markt/ Batteriestraße verwirklichen zu können.“ Die Strecke Europadamm – Batteriestraße dürfte zudem „als „einzige und völlig unproblematische Nord-Süd-Verbindung nicht gefährdet werden“.

Fallstricke verbergen sich aber auch noch im Kleingedruckten der Anträge. So ist noch offen, ob nicht vor allen anderen Schritten ein Klimagutachten notwendig ist. Zudem will die Koalition vor dem Wettbewerb die Ideen der Hafenindustrie, der Bürger und des Einzelhandels einsammeln. Das ließ Roland Sperling (Linke) nicht unkommentiert: „Wir gerieren uns gegenüber dem Bürger als die“, sagte er durchaus selbstkritisch, „die was voranbringen wollen – und trauen uns nicht.“