Stadtmarketing: Breuer räumt auf
Der Bürgermeister hatte den „Festlichen Abend“ im Zeughaus und ein Golfturnier gestrichen. Ein Fachmann gibt ihm Recht.
Neuss. Der „Festliche Abend“ im Zeughaus war für viele Jahre eine feste Institution im Terminkalender der Stadt und vieler wichtiger Personen in Neuss. Doch mit Amtsantritt des neuen Bürgermeisters Reiner Breuer hat diese durchaus kostspielige Tradition ein jähes Ende gefunden. Aufgrund der finanziellen Lage in Neuss — die Stadt plagt ein 25-Millionen-Haushaltsloch — sei eine solch pompöse Abendveranstaltung nicht mehr zu vertreten, erklärte Breuer zuletzt die Absage des „Festlichen Abends“. Auch ein jährlich stattfindendes Turnier der Wirtschaftsförderung auf dem Golfplatz Hummelbachaue wurde ersatzlos gestrichen.
Reiner Breuer räumt auf — und stellte zuletzt sogar das Neujahrskonzert zur Disposition. „Ich überlege, ob es nicht bessere Möglichkeiten gibt, auf das neue Jahr anzustoßen“, sagte der neue Verwaltungschef. Die Frage bleibt jedoch bestehen, wie sich eine Stadt trotz finanzieller Schieflage angemessen repräsentieren kann. Wie kreativ sind die Nachbarstädte? Wir haben uns umgehört und einen Stadtmarketing-Experten gefragt, was derzeit aktuell ist.
Ein Blick nach Mönchengladbach genügt, um zu wissen, dass die Zeit solcher Großveranstaltungen nicht überall abgelaufen ist. In der Nachbarstadt gibt es mehrere Veranstaltungen, die die Stadt Jahr für Jahr zu repräsentativen Zwecken organisiert. Zum einen gibt es den traditionellen Neujahrsempfang der Wirtschaftsförderung Mönchengladbach und der Entwicklungsgesellschaft Mönchengladbach mit 600 geladenen Gästen aus der Wirtschaft und dem öffentlichen Leben. Darüber hinaus finden ein jährliches Neujahrskonzert sowie regelmäßige Festakte zur Verleihung von Ehrennadeln statt.
Auch in Grevenbroich gehört der traditionelle Neujahrsempfang, zu dem rund 500 Gäste geladen werden, zum städtischen Leben dazu. In Kaarst etwa gibt es den Bürgerfrühschoppen, der jüngst zum 36. Mal im Albert-Einstein-Forum ausgerichtet wurdet.
Jürgen Block, Geschäftsführer der Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing
Dormagen, das sich 2015 noch im Haushaltssicherungskonzept befand, gab für seine repräsentativen Veranstaltungen im vergangenen Jahr kaum Geld aus. „Für den Sommerempfang sind dank vieler Sponsoren keine Kosten für die Stadt entstanden“, sagt Stadtsprecher Harald Schlimgen. Für den traditionellen Neujahrsempfang 2016 plant die Stadt mit einem Budget von maximal 2000 Euro. Zum Vergleich: Der „Festliche Abend“ hatte die Neusser Stadtkasse mit etwa 30 000 Euro belastet.
Jürgen Block, Geschäftsführer des Bundesverbands für City- und Stadtmarketing (BCSD), hält den Ansatz von Reiner Breuer für richtig und sagt: „Glamouröse Abendveranstaltungen sind nicht mehr zeitgemäß.“ Alternativ würden immer öfter Business- oder Marketing-Frühstücke im kleinen Kreis veranstaltet, zu denen dann ausgewählte Politiker und Wirtschaftsvertreter zusammenkämen, um über ein spezielles Thema zu diskutieren. „Das kann dann zum Beispiel entweder die Entwicklung des Einzelhandels, ein Stadtjubiläum, oder auch ein Stadtentwicklungsplan sein“, sagt der Geschäftsführer des BCSD, Jürgen Block.