Brandschutz: Jeder Zentimeter zählt
Brandamtmann Marcus Hons wird schon bei der Planung öffentlicher Gebäude hinzugezogen, um Rettungswege zu bewerten.
Kaarst. Was haben das Möbelhaus Ikea, ein Mehrfamilienhaus mit Tiefgarage in Büttgen und die Notunterkunft für Flüchtlinge im Gewerbegebiet „Hüngert“ gemeinsam? Sie unterliegen der Aufsicht von Marcus Hons — zumindest beim Brandschutz. Der 48-Jährige ist Ingenieur bei der Brandschutzdienststelle des Rhein-Kreises Neuss. In dieser Funktion nahm er auch die Gewerbehalle an der Detlev-Karsten-Rohwedder-Straße in Kaarst unter die Lupe, bevor diese in eine Flüchtlingsunterkunft umgewandelt wurde.
Rauchmelder waren zu installieren, ein Sammelplatz wurde festgelegt, die Brandschutzordnung in rund 20 Sprachen aufgehängt. Mit dem Zollstock vermaß Marcus Hons die Breite der Tür und die Mittelgänge, ordnete hier die Kennzeichnung mit fluoreszierendem Band an und legte dort den exakten Standort der Feldbetten fest. Und er sorgte für den Einbau besonders abgesicherter Steckdosenleisten, denn: „Für die Menschen sind ihre Handys sehr wichtig. Die müssen aufgeladen werden — aber nicht mit Verlängerungskabeln oder selbstgebauten Mehrfachsteckern, denn die sind ,Zündquellen’“, erklärt Hons, der Beispiele für brandgefährliche Buchsen der „Marke Eigenbau“ kennt.
Marcus Hons, Brandamtmann, zum Brandschutz in der künftigen Flüchtlingsunterkunft an der Detlev-Karsten-Rohwedder-Straße
Mehrmals in der Woche ist der Neusser in den kleineren kreisangehörigen Gemeinden unterwegs, die über keine eigene hauptamtliche Feuerwehr verfügen. Für diese übernimmt er den vorbeugenden Brandschutz. Das ist selten gefährlich. Vielmehr besteht der Arbeitsalltag des Brandamtmannes mit Büro in Grevenbroich vor allem aus Aktenstudium. Hons wird bereits während des Baugenehmigungsverfahrens für öffentliche Gebäude oder Gewerbeimmobilien hinzugezogen und um seine Stellungnahme gebeten. Sein Auftrag: nicht in erster Linie Brände verhüten, sondern die Voraussetzungen für die Selbstrettung der Menschen schaffen.
„Das ist besonders wichtig bei Versammlungsstätten wie Theatern“, erklärt Hons, „je besser der vorbeugende Brandschutz war, desto weniger muss der abwehrende Brandschutz, sprich: die Feuerwehr, tätig werden.“ Und in der Vorbeugung hat der Brandschutz-Ingenieur einiges zu tun: Gibt es einen zweiten Ausgang? Wie lang sind die Rauchabschnitte, ist also die Entfernung zwischen den Brandschutztüren? Sind die Flure „ballastfrei“? Mehrmals wöchentlich fährt er raus, um sich ein genaues Bild von der Situation zu machen.
Gelegentlich macht sich Hons auch etwas unbeliebt: Wenn er in einem Schulgebäude wiederholt einen Keil unter der Brandschutztür entfernt. „Soll diese dauerhaft aufgehalten werden, gibt es dafür technische Lösungen, die die Tür dann im Brandfall automatisch schließen“, erläutert der Beamte, der manchmal sehr bewusst Uniform trägt.
Ein „Riesending“ ist für den Experten natürlich der Neubau des Möbelhauses Ikea. „Das ist auch für Ikea selbst völlig neu, weil es komplett vom Standard-Haus abweicht“, so Hons, „so etwas begleitet man nicht alle paar Jahre.“ Er stimmte jetzt letzte wichtige Punkte mit dem Bauherrn ab und sagt: „Noch vor Karneval werde ich meine Stellungnahme für die Bauaufsicht schreiben.“