Städtepartnerschaft mit Leuven zurückgestellt
Neuss. Das Wort Städtepartnerschaft wird in allen Gesprächen mit Vertretern der belgischen Stadt Leuven (Löwen) wie auch in der Korrespondenz beider Kommunen vermieden, es bleibt aber eine Option in der Zukunft.
Bis darüber wieder lauter nachgedacht oder gar verhandelt werden kann, soll von einer vertieften Zusammenarbeit zwischen Neuss und Leuven gesprochen werden. Die soll zunächst auf der Ebene der Kultureinrichtungen beider Städte angebahnt werden. Die so auch verbal zum Ausdruck gebrachte Zurückhaltung schien Bürgermeister Herbert Napp eleganter zu sein, „als gleich den Hammer der Städtepartnerschaft auszupacken.“ Man wolle schließlich nicht mit der Tür ins Haus fallen.
Die SPD-Fraktion hatte den Antrag gestellt, die Gründung einer solchen Städtepartnerschaft zu prüfen. Sie wollte so die zur Versöhnung ausgestreckte Hand der Belgier ergreifen, warb der Stadtverordnete Hartmut Rohmer, der mit einer Städtepartnerschaft „eine breite Basis für die Schaffung einer gemeinsamen Erinnerungskultur und die Gestaltung einer friedvollen Zukunft schaffen“ wollte.
Angestoßen wurde die Anbahnung einer engeren Zusammenarbeit durch das Stadtarchiv und den Verein Forum Archiv und Geschichte, die im Vorjahr an eine Strafaktion zu Beginn des Ersten Weltkrieges gegen die Bevölkerung der Stadt Leuven genau 100 Jahre zuvor erinnert hatten. Maßgeblich war an den Kriegsgräueln in jenem August 1914 das „2. mobile Landsturm-Infanterie-Bataillon Neuß“ beteiligt.
Ein Umstand, der wohl in der zeitgenössischen Tagespresse in Neuss Erwähnung fand, nicht aber in der Neusser Stadtgeschichtsschreibung. Erst ein Aufsatz im Jahrbuch Novaesium der Stadt und eine Vortragsveranstaltung im Januar mit Marika Ceunen, der Stadtarchivarin von Leuven, führte den Neussern dieses unrühmliche Kapitel der eigenen Geschichte vor Augen.
Dirk Aßmuth (FDP) regte eine Resolution an, mit der der Rat sein Bedauern über diese Taten zum Ausdruck bringen könne, aber das hält nicht zuletzt der Bürgermeister für überflüssig. Wohl niemand in Neuss würde diese Vorgänge verteidigen wollen, sagte er. Die behutsame Annäherung an Leuven hat ihr Vorbild in der Aussöhnung mit Frankreich nach dem Zweiten Weltkrieg. Auch die Zusammenarbeit mit Chalôns wuchs, bevor daraus 1972 eine Städtepartnerschaft wurde.