Sven F.: Sozialarbeiter sagen aus
Zeugen des Jugendamts sprechen von einer verwahrlosten Wohnung, in der der elfjährige Neffe tödlich verletzt wurde.
Neuss/Düsseldorf. Immer wieder versteckt sich Sophie F. hinter ihrer Begleitung, als die Kameras auf sie gerichtet werden. Es sind Versuche, sich der Aufmerksamkeit zu entziehen, doch auch nach Beginn der Verhandlung dreht sich am Donnerstag vor dem Düsseldorfer Landgericht fast alles um die Frau des Angeklagten Sven F., dem die Staatsanwaltschaft Düsseldorf vorwirft, seinen elf Jahre alten Neffen Jörg am 5. Oktober so schwer misshandelt zu haben, dass der Junge Tage später seinen Verletzungen erlag.
Am Donnerstag wurden unter anderem zwei Sozialarbeiter des Neusser Jugendamtes angehört. Im Fokus stand ein Besuch in der Wohnung von Sophie F.; dieser war nach Angaben der beiden Mitarbeiter angeordnet worden, nachdem am 15. Juni öffentlich wurde, dass Sven F. sein anfängliches Geständnis widerrufen hat — und nun seine Frau beschuldigt. Bereits am nächsten Tag wurde das Duo bei der Weckhovenerin vorstellig. „Sie war ruhig und sachlich“, sagte eine Sozialarbeiterin. „Sie sagte, sie glaube nicht, dass er sie wirklich beschuldigt und dass sie weiterhin zu ihm steht“, führte sie aus. Den Zustand der Wohnung beschreibt die Zeugin als „verwahrlost“.
Der Besuch am 16. Juni sei laut dem zweiten Sozialarbeiter auch angeordnet worden, weil es durch die Beschuldigung der Ehefrau zu einer Bedrohung aus der Nachbarschaft gegenüber den Kindern kommen könnte. Diese wurden vom Jugendamt in Obhut genommen. Hintergrund ist die Aussage von Sophie F. am 4. Juli: Da gab sie plötzlich an, den Jungen geschlagen zu haben, weil er sich geweigert haben soll, duschen zu gehen. Sie habe „Rot gesehen“ und ihm eine Ohrfeige gegeben. Danach sei der Junge mit dem Kopf gegen die Wand oder eine Handtuchstange geprallt.
Im Anschluss soll Jörg laut Sophie F. noch bei Bewusstsein gewesen sein. Wie es zu den tödlichen Verletzungen kam (der Junge wurde unter anderem verbrüht), könne sie sich nicht erklären. Erst später hätten sie und ihr Mann im Badezimmer nachgeschaut und den schwer verletzten Jungen vorgefunden. Rettungskräfte reanimierten ihn, er starb jedoch Tage später. Die Verfahrensbeteiligten machten deutlich, dass sie Sophie F. diese Version nicht abkaufen.
Auf Nachfrage des Richters, warum man aufgrund des Zustands der Wohnung die Kinder nicht eher in Obhut nahm, antwortete der Mitarbeiter des Jugendamtes am Donnerstag, dass es diesbezüglich mehrere Krisengespräche gegeben habe. Damals habe man aber noch von einer Inobhutnahme abgesehen.