Unbekannte töten und häuten Reh
Revierpächter Joachim Knabben entdeckte den Fall von Wilderei am See in Neurath. Die Täter hatten es auf das Fleisch abgesehen. Die Polizei ermittelt.
Grevenbroich. Die Täter gingen brutal vor: Erst schnitten sie einer Ricke die Kehle durch, dann weideten sie das tote Tier nur wenige Meter von einem Spazierweg entfernt aus. Die Innereien entsorgten sie im „Ententeich“ am Ortsrand von Neurath, die Überreste des toten Rehs ließen sie unter einem Baum liegen — abgedeckt mit Zeitungspapier. Jetzt ermittelt die Polizei wegen eines Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz.
Joachim Knabben, Revierpächter, vermutet. warum die Täter genug Zeit hatten, dem Reh die Kehle durchzuschneiden
„Unfassbar“, sagt Joachim Knabben: „Ich bin seit acht Jahren Revierpächter, doch eine solche Art von Wilderei habe ich noch nie erlebt.“ Der 60 Jahre alte Jäger vermutet, dass das Tier am Dienstag in den frühen Morgenstunden umgebracht wurde. Wie die Täter die kräftige und damit auch flinke Ricke stellen konnten, ist ihm jedoch nicht klar. Knabben hat aber eine Vermutung: „Vielleicht ist sie gegen den Zaun am Neurather Bach gerannt und hat sich dabei verletzt“, sagt er. Die Täter hätten das Tier gefunden und dann getötet. „So würde sich auch der Kehlschnitt erklären“, meint der Revierpächter. Aber das sei nur eine Theorie.
Tatsache ist: Die Wilderer waren auf das Fleisch der vermutlich trächtigen Ricke aus. „Unter anderem haben sie beide Keulen abgetrennt — da ist am meisten dran“, sagt Knabben. Spuren deuten darauf hin, dass sich die Täter offenbar sicher fühlten. Im Umfeld einer am See stehenden Ruhebank — nur einen Steinwurf vom Wanderweg entfernt — zogen sie dem Reh das Fell ab und schnitten das Fleisch heraus. „Die Reste warfen sie in den See“, schildert Knabben. Er hat Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt und auf Hinweise, die zu den Tätern führen, eine Belohnung von 200 Euro ausgesetzt.
Die Kripo hat ihre Ermittlungen aufgenommen — doch diese Arbeit gestaltet sich schwierig, sagt Polizeisprecherin Diane Drawe: „Vor allem, weil es keine konkreten Zeugenaussagen zu diesem Fall gibt.“ Falls Spaziergänger etwas gesehen haben sollten, werden sie gebeten, sich unter Telefon 02131/3000 zu melden.
Für Joachim Knabben ist das am See gefundene Reh ein weiteres Argument gegen den Zaun, den die Stadt entlang des Neurather Flüsschens errichten ließ. Dort hatten sich in den vergangenen Jahren wiederholt Rehe verletzt oder waren in dem schnell fließenden Gewässer ertrunken.
An etlichen Pfosten des Zauns wurden von Unbekannten jetzt Büschel mit menschlichem Haar befestigt. Was auf den ersten Blick wie eine kultische Handlung anmutet, ist offensichtlich ein verzweifelter Versuch von Naturfreunden, das Rehwild von dem umstrittenen Zaun abzuhalten, meint Knabben. „Weil das Haar nach Menschen riecht, soll es Tiere verscheuchen“, sagt er. Dass die wohl aus einem Friseursalon stammenden Locken zu dem gewünschten Ergebnis führen werden, bezweifelt der Jäger aber.
Laut Polizei ereigneten sich in den vergangenen beiden Jahren kreisweit jeweils 20 Straftaten, die im Zusammenhang mit Verstößen gegen das Tierschutzgesetz standen. Wie oft Rehwild betroffen war, lässt sich aus der Statistik nicht erkennen. Grundsätzlich werden darin alle Fälle aufgelistet — von der angeschossenen Katze bis zum im Auto eingeschlossenen Hund.