Versuchter heimtückischer Mord: 68-Jähriger angeklagt
Die Staatsanwaltschaft geht von verminderter Schuldfähigkeit aus.
Neuss. Regungslos sitzt Jürgen Gerhard W. in seinem Rollstuhl, als Staatsanwältin Carola Guddat im Landgericht Mönchengladbach die Anklage verliest. Ihm wird vorgeworfen, am 25. Januar dieses Jahres seiner ehemaligen Lebensgefährtin mit einem 20 Zentimeter langen Fleischermesser mehrfach in Brust und Bauch gestochen zu haben: für die Staatsanwaltschaft versuchter heimtückischer Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung im Zustand verminderter Schuldfähigkeit.
Laut Anklage passte W. unter dem Vorwand, seinen Blazer aus ihrer Wohnung in Hückelhoven holen zu wollen, seine frühere Freundin gegen 8.20 Uhr an ihrem Wohnhaus ab. Um seine Absicht zu verdecken, „hat er die Geschädigte angelächelt und mehrfach umarmt“, so die Staatsanwältin. Das Messer habe er hinter seinem Bein versteckt.
Nachdem er ihr zahlreiche Stichverletzungen zugefügt hatte, ließ er die lebensgefährlich verletzte Frau laut Anklage in der Wohnung liegen und fuhr — in dem Bewusstsein, getötet zu haben — mit seinem VW-Polo zurück nach Neuss, wo er damals lebte. Mit dem Aufzug fuhr W. dort in den siebten Stock seines Wohnhauses am Hubertusweg in Reuschenberg und stürzte sich aus 20 Metern in die Tiefe, um sich das Leben zu nehmen.
Eifersucht war laut Anklage das Motiv der Tat. Das Paar soll sich erst drei Wochen zuvor getrennt haben.
Doch sowohl seine ehemalige Lebensgefährtin, die von einer Nachbarin gefunden und ins Krankenhaus gebracht werden konnte, als auch W., der kurz nach seinem Sprung von der Polizei entdeckt wurde, überlebten. In Mönchengladbach saßen sich beide gestern zur Anklageverlesung wieder gegenüber — die Geschädigte tritt im Prozess als Nebenklägerin auf.
“Der Prozess wird am 29.Oktober fortgesetzt.