Verwaltungsgericht: Christoph wurde rechtmäßig gewählt
Die Richter gehen davon aus, dass Lars Christoph seinen Hauptwohnsitz in Kaarst im Haus seiner Eltern hat. Daher darf der CDU-Partei- und Fraktionschef auch Ratsherr in der Stadt sein.
Kaarst/Düsseldorf. Die Frage um Wohnsitz und Wählbarkeit von CDU-Partei- und Fraktionschef Lars Christoph ist geklärt: Die erste Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf ist zu dem Schluss gekommen, dass der 36-Jährige seinen Hauptwohnsitz in Kaarst hat und somit bei der Kommunalwahl im Mai 2014 rechtmäßig in den Stadtrat gewählt wurde. Das ehemalige CDU-Mitglied Helmut Ludwig zog seine Klage im mündlichen Verhandlungstermin zurück.
Ludwig hatte sich im November vergangenen Jahres an das Verwaltungsgericht gewandt. Das Verfahren richtete sich gegen die Stadt. Ursprung des Streits war ein Wahlprüfungsverfahren. Dieses hatte Ludwig mit einem Einspruch gegen die Wählbarkeit Christophs im April 2014 in Gang gebracht. Darin zweifelte der Vorster an, dass der CDU-Chef, wie es das Kommunalwahlgesetz vorschreibt, in Kaarst, in diesem Fall im Haus seiner Eltern in Büttgen, wohnt, obwohl er in Köln arbeitet und dort seit der Studentenzeit eine 29 Quadratmeter große Wohnung als Zweitwohnsitz hat.
Der Einspruch wurde vom Rat im August vergangenen Jahres nicht zurückgewiesen und somit — mit einer Stimme Mehrheit — für begründet erklärt. Eine ausdrückliche Anordnung des Ausscheidens Christophs gab es aber nicht. Bürgermeister Franz-Josef Moormann sah diese als notwendig an und setzte das Thema im Rat noch mal auf den Plan. Diesmal fiel die Entscheidung zugunsten des 36-Jährigen aus.
Dem Bürgermeister warf Ludwig unter anderem vor, dem Rat in rechtswidriger Weise die Möglichkeit zur erneuten Abstimmung gegeben und die Ratsmitglieder im Unklaren über die schwierig nachvollziehbare Rechtslage gelassen zu haben. Diese Auffassung wies das Gericht zurück. Entscheidend für das Verfahren, sagte der Vorsitzende Richter Andreas Heusch, der seit 2009 Präsident des Verwaltungsgerichts Düsseldorf ist und in Büttgen geboren wurde, sei allein die Frage der Wählbarkeit des Ratsmitglieds Lars Christoph und nicht das Verhalten des Bürgermeisters. Unabhängig davon habe Franz-Josef Moormann alles richtig gemacht und sich am Gesetz orientiert. „Das Ausscheiden eines Ratsmitglieds kann allein der Rat anordnen, der Bürgermeister hat nur noch eine Bekanntgabefunktion.“
Ausschlaggebend für die Beantwortung der Frage, wo eine Person nach dem Meldegesetz ihre Hauptwohnung hat — das stellten die Richter beim Verhandlungstermin klar —, ist eine rein quantitative, auf den Tag genaue Betrachtung der Aufenthaltszeiten in der jeweiligen Stadt. Eine automatische Annahme des ersten Wohnsitzes am Arbeitsplatz gibt es in NRW nicht. Vom Gericht in den Blick genommen wurde das Jahr 2013. „Dabei geht es um eine typisierte, abstrakte und lebensnahe Betrachtung der Aufenthaltszeiten“, erklärte der Vorsitzende. „Die Meldebehörde kann nicht nachkontrollieren, ob, wann und wo jemand aus dem Haus geht, das wäre ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in die Intim- und Privatsphäre einer Person. Aber der Vortrag muss plausibel sein.“
So sei zum Beispiel bei einem jungen, ledigen Mann wie Lars Christoph davon auszugehen, dass er sich an sieben von zehn angenommenen Krankheitstagen im Jahr im familiären Umfeld, also in Kaarst, aufhält. Insgesamt komme das Gericht auf 232 Tage Präsenz in Kaarst, auf 74 in Köln und 59 an anderen Orten. „Das ist ein recht eindeutiges Ergebnis“, sagte Andreas Heusch. Das Gericht gehe davon aus, dass es durchaus noch intakte Familien gebe, in denen der erwachsene Sohn im Haus der Eltern im Jugendzimmer wohne, zumal die Entfernung zwischen Kaarst und Köln mit rund 40 Kilometern in einer guten halben Stunde zurücklegbar sei.
Aus seiner Sicht sei die Angelegenheit keine rechtliche Auseinandersetzung, sondern der Versuch des politischen Gegners, des Bündnisses aus SPD, Grünen, FDP, Zentrum und UWG, den Vorsitzenden der CDU aus dem Rat zu entfernen, sagte Christoph in der Verhandlung. Als Beleg legte er eine E-Mail des FDP-Vorsitzenden Heinrich Thywissen aus Oktober 2014 an die Vorsitzenden des Bündnisses vor. Das Bündnis sei sich einig, dass die Rechtsfrage, die Helmut Ludwig initiiert habe, vom Verwaltungsgericht verbindlich geklärt werden sollte, damit das Thema aus der weiteren politischen Diskussion herausfällt, heißt es darin. Da sich die Rechtsfrage um den Umgang der Verwaltung mit Ratsbeschlüssen erweitert habe, gleichzeitig aber kein eigenes Interesse an einer Klage bestehe, werde empfohlen, Helmut Ludwig bei den Prozesskosten zu unterstützen und auf ein dafür eingerichtetes Sonderkonto einzuzahlen.
„Für mich“, sagte CDU-Ortsverbandschef Franjo Rademacher gestern, „ist das ein absoluter Skandal.“