Zwei Neusser Pflegeheime haben zu wenige Fachkräfte

Neuss. Der Notstand in der Altenpflege ist in Neuss angekommen. „Zwei Pflegeheime stehen unter Beobachtung der Heimaufsicht, weil sie nicht die erforderliche Fachkraftquote von 50 Prozent erfüllen“, berichtet Kreissozialdezernent Dirk Brügge.

„Einem der beiden Häuser droht sogar ein Aufnahmestopp, wenn wir bei der nächsten Überprüfung im Oktober feststellen, dass immer noch nicht mehr Fachkräfte eingestellt sind.“ Denn das Heim beschäftige schon seit längerem nicht genug Pflegefachkräfte. Um welche Häuser es sich handelt, will Brügge nicht sagen.

Zuletzt hatte es einen solchen Fall vor zwei Jahren in Meerbusch gegeben. Dort war ein Trägerwechsel nötig, damit das Heim weiter betrieben werden konnte. „Unter der neuen Leitung läuft das Haus jetzt gut“, lobt Brügge.

Dirk Brügge, Kreissozialdezernent

Die beiden Neusser Altenheime sind die einzigen der kreisweit 44 Häuser, die der Heimaufsicht im Moment Kopfzerbrechen bereiten. „Die übrigen 42 Häuser erfüllen die Quote“, berichtet der Kreisdirektor. Allerdings zeige sich auch bei ihnen, dass qualifiziertes Personal nur schwer zu bekommen ist. „Kreisweit ist die Fachkraftquote von 57 Prozent im Jahr 2006 auf jetzt 53 Prozent gesunken.“ Damit einher gehe auch die Pflegequalität in den Einrichtungen. „Wenn Fachpersonal fehlt, können die Häuser nicht dieselbe Leistung erbringen.“

Für Karin Kilb ist die Entwicklung nicht überraschend. „Wer will schon Altenpfleger werden bei dem schlechten Ruf, den der Job hat, und bei der schlechten Bezahlung?“, fragt die Neusser Seniorenbeauftragte. Sie ist regelmäßig in Heimen, um Bewohner zu besuchen. „Die allermeisten Mitarbeiter sind gut und geben sich Mühe“, hat sie festgestellt. „Es steht und fällt allerdings mit der Leitung.“ Sei die motiviert, könne sie die Angestellten mitreißen. Sei das Betriebsklima schlecht, sinke die Einsatzbereitschaft.

Ehrenamtliche Helfer in den Heimen berichten denn auch von Neusser Häusern, in denen eine hohe Fluktuation beim Personal herrsche. Dabei seien gerade für demenzkranke Bewohner — heutzutage die große Mehrheit in den Altenheimen — bekannte Gesichter wichtig. Kritisiert wird außerdem, dass immer mehr Pflegekräfte nur wenig Deutsch sprächen. „Dann fällt alten Menschen die Verständigung noch schwerer.“

Wie hoch die Zahl der ausländischen Mitarbeiter in den Neusser Heimen ist, kann die Kreisverwaltung nicht sagen. Es habe aber vor ein, zwei Jahren Experimente mit Pflegekräften aus Portugal, Rumänien und Spanien gegeben. Trotz guter Erfahrungen habe sich dieses Modell nicht durchgesetzt.

Angesichts dreier neuer Altenheime, die in Kürze im Rhein-Kreis eröffnen und ebenfalls Personal benötigen, erwartet die Heimaufsicht eine Verschärfung des Fachkräftemangels. Die Situation sei jedoch nicht aussichtslos. „Die Träger können zwar nicht mit höheren Gehältern, aber mit Fortbildungen, Kindergartenplätzen oder flexiblen Arbeitszeiten versuchen, ihr Unternehmen für Pflegekräfte attraktiv zu machen“, sagt Brügge. „Der Markt ist nicht leer gefegt.“