B-Note für den Kanzler Scholz-Kritik aus NRW: Ein Bundeskanzler muss mehr sprechen

Düsseldorf · Nach der verlorenen Bundestagswahl hat die SPD in NRW einen klaren Blick auf das Anforderungsprofil eines Bundeskanzlers. Bei Olaf Scholz haperte es an einer entscheidenden Stelle, meint Genosse Ott.

Der abgewählte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird nicht als Dampfplauderer in die Geschichte eingehen.

Foto: Kay Nietfeld/dpa

Der abgewählte Bundeskanzler Olaf Scholz ist aus Sicht des SPD-Landtagsfraktionschefs in Nordrhein-Westfalen, Jochen Ott, auch an seiner mangelhaften Kommunikation gescheitert. „Ich bin der festen Überzeugung, dass ein Bundeskanzler eben mehr sprechen und auch mehr emotional führen muss, um die Menschen mitzunehmen“, sagte der Oppositionsführer nach einer Fraktionssitzung in Düsseldorf. „Das hat Olaf Scholz nicht hinbekommen.“

Die SPD hatte am Sonntag mit 16,4 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis jemals bei einer Bundestagswahl eingefahren. Es ist zugleich ihr schlechtestes Ergebnis bei einer nationalen Parlamentswahl seit 138 Jahren - seit der Reichstagswahl 1887 im Kaiserreich, als sie noch Sozialistische Arbeiterpartei hießen.

Unbeliebte Matadore machen schlechte Laune

Der nordrhein-westfälische SPD-Politiker Jochen Ott hat klare Vorstellungen, was nach der Bundestagswahl die dringlichsten Aufgaben sind. (Archivbild)

Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

„Jeder hier weiß, dass wir drei unbeliebte Ampel-Matadore hatten plus einen unbeliebten CDU-Kandidaten, was die Stimmung der Wahlberechtigten wahrscheinlich nicht besonders fröhlich gemacht hat“, bilanzierte Ott.

In den kommenden schwierigen Sondierungswochen mit der CDU sei es extrem wichtig, dass die SPD eine vernünftige Aufstellung habe, um dem Wahlsieger Paroli bieten zu können. Deshalb sei es „für den Moment richtig“, wenn Parteichef Lars Klingbeil als vom Bundespräsidium designierter Fraktionsvorsitzender zunächst die Handlungsfähigkeit der SPD sicherstellen würde und Rückendeckung für die Sondierungsgespräche bekomme.

Die Generalabrechnung steht noch aus

Grundsätzlich brauche die Partei aber neben einem schärferen inhaltlichen Profil auch einen personellen Aufbruch. „Wir haben mit unserem Programm nicht den Nerv getroffen“, stellte Ott fest. Diese Fragen seien beim Bundesparteitag im Dezember zu klären.

Bislang sortiert sich die SPD nach ihrer historischen Wahlniederlage - anders als die früheren Ampelpartner - mit der alten Führung. Neben Klingbeil will auch Parteichefin Saskia Esken im Amt bleiben.

Für Sondierungsgespräche mit der CDU rief Ott Wahlsieger Friedrich Merz zu: „Links ist nicht vorbei!“ Natürlich müsse über Themen wie Klimaschutz und Umverteilung gesprochen werden, damit Reiche nicht immer reicher und Arme noch ärmer würden. „Und deshalb ist es für mich auch eine pure Selbstverständlichkeit, dass es natürlich einen Kita-Gipfel und einen Mieten-Gipfel geben muss, weil die Mitte der Gesellschaft eben Lösungen erwartet“, forderte Ott.

Was stimmt eigentlich nicht mit Gelsenkirchen?

Die Antwort auf die Frage, warum die AfD in Gelsenkirchen mit fast 25 Prozent der Zweitstimmen so weit nach vorn kommen konnte, liege auf der Hand: „Wenn die Menschen erleben, dass die Spielplätze in einem unmöglichen Zustand sind, die Toiletten kaputt sind, (...) für Ordnung auf den Straßen an vielen Stellen nicht so gesorgt werden kann, wie es nötig wäre, wenn die Wohnungen 'runtergekommen sind, (...) die Bahnen nicht fahren und die Müllabfuhr zu selten da ist, dann fragen sich die Menschen: Wo ist der Staat?“

Deshalb seien eine vernünftige Altschuldenregelung und eine Änderung der Schuldenbremse unerlässlich - sowohl für die Verteidigung des Sozialstaats und der Demokratie im Inneren als auch für die Verteidigung nach außen, mahnte Ott. Eine Übernahme der Altschulden mit der dafür nötigen Grundgesetzänderung könne noch kurzfristig im Bundestag beschlossen werden, argumentierte er.

Altschulden-Lösung noch schnell mit dem alten Bundestag?

„Jetzt sind wir doch am Drücker.“ SPD, Grüne, aber auch CDU-Politiker wie NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst hätten immer wieder gesagt, sie wollten die Regelung. „Wo soll das Problem sein? Wir könnten es noch in den nächsten vier Wochen durchziehen.“ Auch auf die Linke könne man in der Frage setzen, „weil die genauso sehen, was da vor Ort los ist“.

© dpa-infocom, dpa:250225-930-386572/2

(dpa)