Bildung Von Fremden zu Freunden: Ein Buch verbindet

Am Montag wurde der Kandidat des Vorlesewettbewerbs für die Stadt Krefeld entschieden

Ein Gruppenbild mit allen Teilnehmern des Vorlesewettbewerbs in der Mediothek. Gewinner Patrick Wiemers ist in der Mitte (5. von rechts) zu sehen.

Foto: Ja/Stadt Krefeld

„Beim Lesen kann ich immer wieder in neue Geschichten eintauchen“, sagt ein Schüler der Bischöflichen Maria-Montessori-Gesamtschule. „Genau, man kann zuhause hocken und eine zweite, viel bessere Welt erleben“, ergänzt ein anderer Junge neben ihm, er besucht das Gymnasium am Stadtpark. Die beiden kannten sich vorher nicht, gehen beide in die sechste Klasse, beide haben großen Spaß am Lesen, beide haben zunächst die jeweilige Klassenrunde des Vorlesewettbewerbs gewonnen, beide gewannen danach auch die jeweilige Schulrunde – hier sei dazu zu bemerken, dass sie diese mit dem gleichen Buch gewonnen haben – und beide nahmen an der Stadtrunde des Vorlesewettbewerbs teil. Auch hier mit dem gleichen Buch und der gleichen Textstelle. So kam es erst dazu, dass sie sich kennenlernten.

„Crazy Family“:
Gleiches Buch, gleiche Stelle

Zunächst saß Nils Qerinders auf der Bühne der Mediothek. Er las aus einem Kapitel des Buches „Crazy Family – Die Hackebarts räumen auf“ von Markus Orths vor. Direkt nach ihm betrat Jonathan Jennen die Bühne. Mit dem gleichen Buch in der Hand setzt er sich hin und sagt: „Naja, also ich lese auch die gleiche Textstelle“. Die beiden fanden das aber nicht doof oder unfair, im Gegenteil. Sie freuten sich und freundeten sich in der Pause direkt miteinander an.

Im Publikum saßen vielen Eltern, insgesamt sechszehn Vorleser und Vorleserinnen und eine sechsköpfige Jury. Es geht um den Stadtentscheid des Vorlesewettbewerbs des Deutschen Buchhandels. Der größte bundesweite Lesewettstreit begeistert Jahr für Jahr Schüler und Schülerinnen der sechsten Klasse, die ihr Können unter Beweis stellen wollen. Der Gewinner aus dem vorherigen Jahr darf in der neuen Saison immer Teil der Jury sein. Leonard Marcel Ernst – der Sieger im Jahr 2024 – hat es am Montag krankheitsbedingt aber leider nicht in die Mediothek geschafft.

Wie eben angeschnitten, wurden die Teilnehmer zunächst in den jeweiligen Schulen ausgewählt. Erst mussten sie gegen die Klassenkameraden gewinnen, dann gegen die anderen im Jahrgang und nun in der Stadtrunde gegen die weiteren besten Leserinnen und Leser der anderen Schulen. Der Gewinner wird die Stadt Krefeld dann in beim Bezirkswettkampf vertreten und kann sich bis hin zur Länderebene an die Spitze lesen. Veranstalter Carsten Mennenöh von der gleichnamigen Buchhandlung weiß, warum dieser Lesewettbewerb so wichtig ist: „Man möchte die Kinder einerseits an das Lesen kriegen, aber vor allem sollen sie erfahren, dass Vorlesen Spaß macht“.

Nils und Jonathan können das bestätigen. Auf die Frage, was ihnen denn am Lesen so Spaß macht, antworteten sie: „Alles!“. Sie sahen den Wettkampf daher auch nicht mit Konkurrenzgedanken. Das Lesen bringt beiden Freude und Zufriedenheit. Ihnen ging es beim Wettbewerb nicht darum zu gewinnen: „Dabei sein ist alles“. Wer gewinnen möchte, der muss die Jury laut Mennenöh mit Lesetechnik, Interpretation und Textauswahl beeindrucken. Deshalb sei es auch wichtig, dass die Kinder sich das Buch und die Textstelle selbst aussuchen. „Hilfe von Lehrern oder Eltern ist natürlich trotzdem erlaubt“. Nachdem alle Kandidaten fünf Minuten aus ihren Lieblingsbüchern vorgelesen haben, zog sich die Jury für eine Beratung zurück. Danach ging es in die zweite Runde. Jonathan und Patrick Wiemers – er besucht das Gymnasium Fabritianum – mussten in einem Stechen gegeneinander antreten. Wegen der Fairness bekamen sie einen fremden Text zum Vorlesen. Nach erneuter kurzer Beratung stand der Sieger dann fest: Patrick darf für die Stadt Krefeld in der Bezirksrunde antreten. Diese findet zwischen Mitte März und Mitte April statt. Vor dem Stechen trug Patrick eine Passage aus „Das hungrige Glas“ vor, einem Fantasy-Jugendbuch über die Jagd auf Monster.