Bildung Zerbrochene Köpfe und andere Kunstwerke
Von Markus Christian · Beim Kunst-Abschluss der Waldorfschule stellen Schüler der Jahrgangsstufen elf und zwölf im Südbahnhof aus
Die Tonplastik von Soji Soffie Stojkova ist in zwei Teile zerbrochen. Der Kopf an dem die Waldorfschülerin der Jahrgangsstufe elf in den vergangenen Wochen gearbeitet hat, ist beim Transport in die Ausstellungsräume im Südbahnhof irreparabel beschädigt worden. Und doch wirkt der aus Ton gestaltete Kopf, der jetzt akkurat aus insgesamt zwei Gesichtshälften besteht, wie ein ganz besonderes Kunstwerk unter vielen Ausstellungsstücken, die die Schüler der Jahrgangsstufe elf und zwölf von der Krefelder Waldorfschule für ihren Kunst-Abschluss geschaffen haben. „Ich finde es eigentlich ganz gut, wie es jetzt aussieht“, sagt Soji Soffie Stojkova bei einer Führung am Samstag, die Lehrer und Schüler gemeinsam für Interessierte geben und dabei die Entstehungsgeschichten ihrer Werke erläutern. Sechs Wochen lang hatte die Schülerin an ihrer Tonplastik gearbeitet, die durch einen Unfall beim Transport jetzt eine ganz andere, eine zerbrochene Form hat und doch in sich als Ganzes wirkt.
Direkt neben dem zerbrochenen Ton-Kopf hängt ein großes Bild von Paulina Schröder aus der zwölften Klasse. Das Kunstwerk zeigt eine Frau, die mit geschlossenen Händen in Richtung eines Sterns blickt und das Thema „Hoffnung“ behandelt. „Ich wollte dieses Jahr unbedingt ein eigenes Bild erschaffen und nicht bloß etwas abmalen“, sagt die Schülerin, die damit genau die Vorgaben von Kunstlehrerin Ruth Hofmann umgesetzt hat.
Die Schüler sollen lernen, Kunst als Prozess zu verstehen
„Beim Kunstabschluss geht es vor allem auch darum, Techniken auszuprobieren und sich Motiven zu nähern“, berichtet Ruth Hofmann, die erläutert, dass sich beispielsweise die Handhaltung im Bild der „hoffnungsvollen Frau“ geändert habe. Kunst sei oftmals ein Prozess, dem es sich aus verschiedenen Blickwinkel zu nähern gelte und der vor allem oftmals viele Ideen aufgreife. Und so könne auch der Kunst-Abschluss, bei dem die Schüler ein Projekt aus den Bereichen Plastizieren mit Ton, Malerei, Steinbildhauerei und Eurythmie wählen können, allgemein als ein Gesamtprozess anzusehen.
„Den Auftakt macht klassischerweise die Eurythmie-Vorstellung in unserer Schule“, berichtet Meike Rothstein, die als eine von vier Lehrkräften den Kunstabschluss begleitet und im Bereich Plastizieren mit Ton den Schülern bei der Bearbeitung von Köpfen und Körpern beratend zur Seite steht. „Diese insgesamt sechs Wochen sind sehr besonders für uns als Lehrkräfte, vor allem aber für die Schüler selber“, berichtet die Lehrerin.
Zu dieser besonderen Zeit gehörten auch die Ausstellung im Südbahnhof, die Vernissage, das Erläutern der Kunstwerke oder die Aufführung vor einem Publikum im Bereich Eurythmie, erklärt Lukas Schreiber, der die Schüler im Fach Steinbildhauerei anleitet. Seine Schüler haben unter anderem Alabaster-Stein bearbeitet. So auch Finn Peters aus der zwölften Klasse. Sein Stein musste erst geschnitten und dann abgeraspelt werden, bevor der Feinschliff erfolgen konnte. Ein Farbunterschied im Stein selber, brachte Lehrer und Schüler dann in der Ausstellung noch auf eine Idee. „Der Stein wird unten durch ein Loch in der Säule mit Licht angestrahlt, da er unten eine hellere Stelle hat, die sich von der restlichen Farbe des Steins absetzt“, erklärt Finn Peters, dessen Ideen und Gedanken zu seinem Kunstwerk wie bei allen anderen auch in einem Skizzenbuch ausliegen, das die Besucher im Südbahnhof am Wochenende mit anschauen können. „Es ist ein schönes Gefühl, wenn man nach den Ursprungsgedanken zu seinem Werk gefragt wird. Das Interesse der Leute ist wirklich groß“, sagt Finn Peters, der fast ein wenig wehmütig ist, da es für ihn der letzte künstlerische Abschluss dieser Art ist an der Waldorfschule, bevor im kommenden Jahr der Abschluss ansteht. Eins ist für ihn aber sicher: „Die intensive Beschäftigung mit den eigenen künstlerischen Fähigkeiten und der Prozess zur Erstellung eines eigenen Kunstwerks, hat definitiv Einfluss auf das, was ich später eventuell mal machen. Vielleicht studiere ich Kunstwissenschaften.“ Die ersten Ausstellungserfahrungen haben er und seine Mitschüler definitiv schon in der Tasche.