Wer momentan mit dem Auto am Unteren Niederrhein unterwegs ist, wird auf den Landstraßen derzeit an vielen Stellen ausgebremst. Auf zahlreichen Abschnitten ist das Tempo reduziert, es wird auf Zufahrten zu Baustellen hingewiesen. Teilweise ist von diesen Baustellen kaum etwas zu sehen, an anderen Stellen wird dagegen bereits kräftig gearbeitet. Und es werden sicher noch weitere Baustellen hinzukommen. Denn jetzt ist der Startschuss für den Bau des Mega-Erdkabels von Emden in den Süden gefallen. Wie mehrfach berichtet, wird die Leitung auch mitten durch den Kreis Kleve führen und bei Rees-Haffen den Rhein queren. Auch dort laufen bereits die Vorarbeiten mit der Untersuchung des Bodens auf mögliche Weltkriegsbomben. Zuständig für das Großprojekt ist die Firma Amprion. Sie informiert jetzt über die einzelnen Schritte bis zur Verlegung der Kabel. Dass die Trupps an verschiedenen Stellen unterschiedlich weit sind, liegt daran, wie weit die jeweilige Baustelle im Verfahren ist. Das sind die jeweiligen Schritte, die nacheinander erfolgen und aufeinander aufbauen.
Reihenfolge der Baustellen
Es wird nicht einfach von Norden nach Süden gebaut, sondern es gibt Baustellen an verschiedenen Stellen gleichzeitig. Der gesamte Abschnitt ist in Sektionen von jeweils einem Kilometer unterteilt. Wo gebaut wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab, etwa der Bodenbeschaffenheit oder Absprachen mit Landwirten und Kommunen. „Das ist wie ein Puzzle, das sich zusammenfügt“, so ein Amprion-Sprecher. Wenn es auf einem Grundstück losgeht, werden die Eigentümer informiert.
Einrichten der Baustelle
Um die Bauflächen, Zufahrten und Baustraßen einzurichten, finden Vermessungsarbeiten statt. Die in Anspruch genommenen Flächen werden kenntlich gemacht. Zusätzlich werden kreuzende Versorgungsleitungen vermessen und an der Geländeoberkante abgesteckt.
Anlegen von Baustraßen
Zunächst werden punktuell Gehölze im Bereich der geplanten Erdkabeltrasse zurückgeschnitten, um die Zufahrten bauen zu können. Für die Baustraßen werden unter anderem Stahlplatten ausgelegt. Die Zufahrten erfolgen so weit wie möglich zunächst über öffentliche Straßen oder Wege. Straßen- und Wegeschäden, die durch Baufahrzeuge entstehen können, werden während und nach der Durchführung der Baumaßnahmen beseitigt.
Verlegen der Kabel in offener Bauweise
Offene Bauweise bedeutet, dass dafür der Boden abgetragen, die Kabel in der Erde verlegt und anschließend der Graben wieder verfüllt wird. Die Kabel werden in Schutzrohre eingeführt, die in 1,95 Meter Tiefe in den Boden eingelassen werden. Danach wird der Bereich wieder verfüllt und ein so genanntes Trassenwarnband verlegt, das kennzeichnet, wo das Kabel verläuft.
Geschlossene Bauweise im Horizontalspülbohrverfahren
Dieses Verfahren wird genutzt, um Hindernisse zu überwinden, etwa größere Straßen oder den Deich am Rhein. Hierbei gibt es eine Startgrube, an der die Bohrung beginnt, die in Richtung Zielgrube führt. „Nachdem wir die Baustelle eingerichtet haben, beginnen wir mit der Bohrung in Richtung der Zielbaugrube. Zeitgleich werden wir auf den Flächen an der Zielbaugrube die Kabelschutzrohre auslegen und verbinden“, so die Verantwortlichen von Amprion. „Diese werden wir nach Abschluss der Bohrung unter Aufweitung des Bohrkanals einziehen. Je Bohrplatz führen wir bis zu zehn einzelne Bohrungen durch. Nachdem wir die Bohrungen abgeschlossen haben, bauen wir die Baustelleneinrichtungsflächen wieder zurück.“
Rückbau der Baustellen und Baustraßen
Nachdem alle Tiefbauarbeiten abgeschlossen sind, baut Amprion die Baustraßen und Arbeitsflächen wieder zurück. „Sollte zwischen den Tiefbauarbeiten und dem Kabeleinzug ein längerer Zeitraum liegen, werden wir die Baustraßen und Arbeitsflächen an den entsprechenden Stellen zunächst zurückbauen und später wieder neu errichten“, so Amprion. „Die Eigentümerinnen und Eigentümer beziehungsweise Nutzer der Flächen werden wir für etwaige Flur- und Aufwuchsschäden selbstverständlich entschädigen.“
So verläuft das Kabel
Besonders aufwändig wird es am Rhein in Rees: In Haffen etwa 300 Meter südlich der Oberleitung über den Fluss soll das Kabel verlegt werden. Während der Arbeiten würden auch die Deiche geöffnet, das sei dem Deichverband lieber, als wenn das Kabel unter dem Deich durch verlegt würde, hatte ein Amprion-Sprecher bereits vor einiger Zeit erläutert. Aktuell wird der Boden in Haffen bereits auf mögliche Blindgänger aus dem Weltkrieg untersucht. Ab März sollen die Arbeiten dann richtig losgehen. Im Rhein wird eine Rinne gegraben, in den das Kabel dann in einem Schutzrohr gelegt und auf die andere Seite nach Xanten-Obermörmter geführt wird.
Am Uedemer Hochwald vorbei quert die Leitung bei Sonsbeck die A 57, bevor die Trasse das Gebiet der Stadt Kevelaer erreicht. Dort soll das Erdkabel durch Achterhoek verlaufen. Für die Leitung wurden vor allem Bereiche ausgesucht, die nur dünn besiedelt sind. Von Achterhoek aus verläuft die Trasse zwischen Kapellen und Hamb weiter in Richtung Issum.
Die Superstromleitung wird zwischen Hartefeld und Sevelen in südlicher Richtung weitergeführt. Von dort geht es weiter nach Kerken. Der Trassenkorridor quert die A 40 an der Autobahn-Anschlussstelle Kerken und führt weiter in Richtung Süden, wo er das Naturschutzgebiet Tote Rahm quert und dann zwischen St. Hubert und Krefeld-Hüls verläuft.
Die Gleichstromverbindung A-Nord soll später circa zwei Gigawatt an Windstrom aus dem Nordseeraum in Emden aufnehmen und nach Meerbusch-Osterath bei Düsseldorf bringen. Die 300 Kilometer lange Gleichstromverbindung soll ab Mitte 2027 den Energiebedarf von rund zwei Millionen Menschen decken.