Verkehr „Der Karfreitag war eine Katastrophe“

Herzkamp. · Bürgerinitiative kämpft in Sprockhövel gegen den vermeidbaren Lärm von Sportwagen und Motorrädern.

 Viele Motorradfahrer nutzten das gute Wetter und holten am Wochenende ihre Maschinen aus der Garage.

Viele Motorradfahrer nutzten das gute Wetter und holten am Wochenende ihre Maschinen aus der Garage.

Foto: dpa/Felix Kästle

Eigentlich sollte Ostern in diesem Jahr besonders friedlich und ruhig gefeiert werden. Daraus wurde an so manchem Ort in Hattingen und Sprockhövel nichts. „Der Karfreitag war eine Katastrophe. Es war so laut wie noch nie. Die Motorradfahrer waren in großen Gruppen unterwegs und sind so schnell wie auch aggressiv gefahren. Der Ostersamstag war dann etwas moderater und am Ostermontag hat das schlechtere Wetter uns Anwohnern geholfen. Da war weniger los“, berichtet Hans-Jürgen Laufer, der Sprecher der im Januar gegründeten Initiative „Zu Laut!“, die sich gegen vermeidbaren Lärm im Straßenverkehr richtet.

Der 76-Jährige wohnt am Ortsausgang von Hattingen, wo die L651 in Richtung Sprockhövel führt. „In diesem Bereich sind 50 beziehungsweise später 70 Stundenkilometer erlaubt. Gefahren wird aber oft um die 100 Stundenkilometer. Das gibt Lärmwerte von bis zu 100 Dezibel, das ist so laut wie ein startendes Flugzeug. Gerade jetzt während der Coronakrise sind die Straßen oft leer, das zieht die Biker auf die Straße, weil jetzt schnell gefahren werden kann. Kontrollen gibt es kaum. Vor allem Harley-Fahrer sind im Pulk unterwegs. Gefahren wird oft auch bis Mitternacht. Lärmspitzen gibt es werktags nach Feierabend und dann am Wochenende ab Samstagmittag“, klagt Laufer.

Im Januar haben er und andere Anwohner aus den Bereichen Sprockhövel und Hattingen sich zusammengeschlossen, um gemeinsam gegen vermeidbaren Verkehrslärm aktiv zu werden. „Die Mehrheit der Motorradfahrer sind moderat und rücksichtsvoll unterwegs. Es gibt aber einige, die wegen ihrer Fahrweise und oft auch durch nachträglich umgebaute Abgasanlagen extrem laut sind. Das gilt insbesondere für Harley-Fahrer. Die fahren zwar nicht schnell, aber die Geräuschkulisse der dröhnenden Maschinen gehört da schon zum Statussymbol“, ärgert sich Laufer, der selbst viele Jahre mit einem kleinen Motorrad gemütlich auf den Straßen unterwegs war.

Laut Laufer ist die Zahl der Unfälle im Gebiet der beiden Städte deutlich gestiegen. Das zeigt auch ein Blick in die Verkehrsunfallstatistik der Polizei im Ennepe-Ruhr-Kreis. Waren es 2015 noch 35 Motorrad-Unfälle, wurden 2019 bereits 54 in Hattingen und Sprockhövel verzeichnet. Am Osterwochenende waren laut Polizei Motorradfahrer an zwei Unfällen beteiligt. Eine besonders beliebte Strecke der Biker ist die L651 zwischen Hattingen und Sprockhövel. „Da geht es vom nördlichen Ruhrgebiet ins südliche Naherholungsgebiet bei uns im Kreis“, sagt Laufer. Ein weiterer Brennpunkt ist um Nierenhof, wo es Zufahrtsstraßen unter anderem zum Wodantal gibt. Dazu kommen die kurvenreichen und hügeligen Nebenstraßen um Blankenheim und die Hüttenstraße mit dem Hüttengelände. Dort findet sowohl ein großes Harley-Treffen als auch ein Treffen der Tuningszene statt, die beide in der massiven Kritik der Bürgerinitiative stehen.

Zu den Forderungen von „Zu Laut!“ gehört eine Änderung der Zulassungsregeln, wenn es um Veränderungen an den Fahrzeugen geht, um unnötigen Lärm zu vermeiden. Gefordert werden zudem effektive Kontrollen mit deutlich höheren Bußgeldern sowie ein Beitritt vom Kreis und den Städten zu „Silent Rider“. Dort haben sich zwölf Kreise und 30 Gemeinden zusammengeschlossen, um gemeinsam gegen Verkehrslärm in Naherholungsgebieten zu kämpfen. „Das verspricht mehr Erfolg, als das bei kleinen Gruppen der Fall ist. Wir wissen von Kreis- und Landespolitikern aus unserer Region, dass diese parteiübergreifend für so einen Betritt eintreten“, sagt Laufer.

Folgen der Lärmbelastung gibt es laut der Initiative im gesundheitlichen aber auch im wirtschaftlichen Bereich: „Der Lärm führt zu Bluthochdruck mit Herzinfarkten und zu Magenkrankheiten. Dazu kommen Wertverluste von Immobilien, die an den Rennstrecken der Biker und der Sportwagenfahrer liegen. Es gab schon Anwohner in der Region, die ihre Häuser wegen des Lärms aufgegeben haben“, berichtet Laufer. Die Zahl der Motorradfahrer habe sich seit Anfang der 90er Jahre verdoppelt, damit sei auch die Zahl der rücksichtslosen Fahrer gestiegen.

„Wir haben nichts gegen Motorradfahrer an sich, die meisten fahren moderat und haben auch Verständnis für unser Anliegen. Bei den Rücksichtslosen, die rasen und die ihre Maschinen bewusst lauter machen, gibt es aber keinerlei Unrechtsbewusstsein. Das gilt auch für Sportwagenfahrer, die mit getunten Fahrzeugen unterwegs sind. Dafür sprechen leider auch entsprechende Gesetzeslücken und die Tatsache, dass es kaum Kontrollen gibt. Das ist in Frankreich und den Niederlanden anders, da wird gerade ein Lärmradar getestet“, sagt Hans-Jürgen Laufer.