Häuser mit Tradition Das „erste Haus am Platze“

Das Kernsche Haus stammt aus dem 16. Jahrhundert. Gerhard Koch weiß viel über seine Geschichte zu erzählen.

Foto: Stefan Fries

Sprockhövel. Gerhard Koch kann mit Fug und Recht sagen, dass ihm das „erste Haus am Platze“ gehört. Das später — nämlich ab 1910 — „Kernsches Haus“ genannte Gebäude am Kirchplatz 3 wurde im 16. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt, auch wenn die Jahreszahl auf der Hausmarke 1612, also ein paar Jahrzehnte später ausweist. Auf jeden Fall ist das Haus mit dem mit roten Muldenpfannen gedeckten Dach und dem hohen, spitzen Giebel das älteste Gebäude im Ortskern von Niedersprockhövel. Es wird derzeit von fünf Parteien bewohnt, unter ihnen auch Gerhard Kochs Enkel Gerrit.

Foto: Stefan Fries

Ein Eingang mit seiner geschieferten Fassade und dem Zugang zum Obergeschoss ist am Kirchplatz, zwei andere ein paar Treppenstufen tiefer am Zugang zum damaligen Unterdorf. Und da findet man die eigentlichen baulichen Kostbarkeiten und barocke Schmuck-Elemente wie uriges Fachwerk, gelbrote „Knaggen“ unter dem Vorsprung zur ersten Etage, rankenverzierte Oberlichtrahmen und geschnitzte quer geteilte Kassettentüren, an denen leider der antike Klopfer fehlt.

„Der Klöppel ist irgendwann verloren gegangen“, so der stolze Besitzer, der noch auf zwei graue Steinsäulen links vom Eingang mit der verwitterten, kaum noch lesbaren Jahreszahl 1612 hinweist. „Das sind die Grabsteine der ersten Besitzer, der Kaufmannsfamilie von Scheven. Denn früher war hier hinter der Kirche ein Friedhof“, erklärt Gerhard Koch.

Auch die Nachfolger der wohlhabenden Familie von Scheven in dem bürgerlichen Wohnhaus gehörten zu Sprockhövels „Finanzadel“, beziehungsweise zur gesellschaftlichen Oberschicht. Eigentümer waren unter anderem die Familien Leveringhaus, Schmidt, Flehinghaus, die auch einen Bürgermeister stellte, Hummelsiep und Kern.

Und alle nahmen bauliche Veränderungen vor, was die Optik jeweils „origineller“ gestaltete. „Die haben alle an diesem Haus herumgebaut, deshalb sieht es auch etwas verbaut aus. Darum hieß es auch im Volksmund „“dat Niggenhus“, (das neue Haus) „, schmunzelt der heutige Hausherr, der selbst aber auch einen Beitrag zur Originalität geleistet hat.

„Als ich das Haus erworben habe, habe ich gegenüber der Stadt zur Bedingung gemacht, dass ich das Obergeschoss ausbauen durfte. Jetzt haben wir hier 500 Quadratmeter Wohnfläche“ sagt Gerhard Koch. Was angesichts der asymmetrischen Grundfläche von neun mal dreizehn Metern schon erstaunlich anmutet. Das „erste Haus am Platze“ — und eins von gut einem halben Dutzend Baudenkmälern allein im Ortskern von Niedersprockhövel.