Sprockhöveler wird im Herbst Ministerpräsident an der Ostsee

Erwin Sellering: Das künftige Landesoberhapt von Mecklenburg-Vorpommerns wuchs in der Bachstraße auf. Die Eltern waren in der evangelischen Gemeinde sehr aktiv.

Sprockhövel. "Mensch, der Erwin, der macht aber Karriere." Dass Erwin Sellering seit seiner Nomionierung auf dem SPD-Landesparteitag am Sonntag als designierter Nachfolger von Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Harald Ringsdorf gilt, ist trotz der großen Entfernung von vielen Sprockhöveler aufmerksam registriert worden.

Der 58-Jährige kommt nämlich aus Sprockhövel, und einen Ministerpräsidenten aus der Stadt, das ist doch was, selbst wenn er an der Ostsee residiert.

Vor allem in Niedersprockhövel erinnert man sich noch gut an die Familie Sellering, denn Erwins Eltern Heinz und Luise waren in der evangelischen Gemeinde sehr aktiv.

Heinz Sellering leitete von 1963 bis 1970 das Gemeindeamt, wechselte dann zum neuen Kirchenkreis nach Witten. Seine Frau war als Verwaltungsangestellte noch bis 1986 im Gemeindebüro tätig, bearbeitete Friedhofsangelegenheiten. Beide nahmen aktiv am Gemeindeleben teil, leiteten Kindergottesdienste und CVJM-Gruppen. Heinz Sellering gründete den Seniorenkreis der Gemeinde.

Er starb im vergangenen Jahr im Alter von 85 Jahren, Luise Sellering lebt bereits seit 1999 nicht mehr. Beide sind in Sprockhövel begraben. So sind Erwin Sellerings Kontakte in seine Heimatstadt inzwischen auch spärlich geworden.

"Zuletzt war ich zur Beerdigung meines Vaters da. Auch unser Haus in der Bachstraße 16, in dem ich auch geboren bin, haben wir inzwischen verkauft. Meine drei Schwestern leben schließlich in Süddeutschland", verriet der designierte Ministerpräsident und aktuelle Sozialminister Mecklenburg-Vorpommerns, gestern im WZ-Gespräch.

Aus der Kindheit in Sprockhövel sind ihm vor allem die Ausflüge in die bewaldete Umgebung mit seinem Vater und dem früh verstorbenen Bruder in Erinnerung. "Wir sind ständig durch die Wälder gezogen, zur Zeche Alte Haase etwa. Und auch wenn ich heute noch einmal im Hotel am Hackstück absteige, nehme ich mir immer eine Stunde Zeit, um auf die Höhe zu klettern und herunter nach Sprockhövel zu gucken.

Guten Kontakt habe er noch zum Inhaber der Rosen-Apotheke. "Ein alter Schulfreund", sagt Sellering, der nach dem Abitur am Gymnasium Hattingen zunächst in Heidelberg Rechtswissenschaften studierte und dann noch einmal ins elterliche Haus zurückkehrte, um sein Studium fortzusetzen. Auch später als Richter am Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen führte es ihn noch einmal zurück in die alte Heimat.

"Wir haben in der Nähe des IG Metall Bildungszentrums gewohnt, landschaftlich unheimlich schön", erzählt er und ist im nächsten Augenblick wieder ganz künftiger Landesvater: "Jetzt kann ich jedem nur empfehlen, hier nach Mecklenburg-Vorpommern zu kommen und sich das einmal anzuschauen. Schließlich sind wir die führende deutsche Ferienregion."

So schön das Ruhrgebiet gewesen sei, mit der Entscheidung 1994 ins Land an der Ostsee zu ziehen, habe man eine neue Heimat gewonnen. "Meine Frau, die Kinder und ich fühlen uns absolut heimisch."

Dass er in Medienberichten oft als Westfale bezeichnet wird, wurmt ihn. "Ich bin ein Kind des Ruhrgebiets." Dem schreibt er auch eine Charaktereigenschaft zu, die ihm bei seiner poltischen Blitzkarriere immer wieder nachgesagt wird, nämlich ein kommunikativer Teamspieler zu sein. "Zum Ruhrgebietler gehört es, dass man vernünftig miteinander reden kann und kein Blatt vor den Mund nimmt", drückt er es in seiner Weise aus.

Demnächst wird es dann auch eine offizielle Grußadresse aus dem Sprockhöveler Rathaus geben. Natürlich schreibe ich ihm, wenn er gewählt ist, sagt Bürgermeister Klaus Walterscheid (SPD). Es dürften auch persönliche Worte dabei sein, denn beide hatten Jahre lang den gleichen Schulweg zum Gymnasium Waldstraße.

"Er ist drei Jahre jünger, aber natürlich kannte man sich auch aus dem Dorf", sagt Walterscheid und verät auch, das der Filius politisch nicht ganz in die Fußstapfen des Vaters getreten ist. Papa Heinz Sellering war jahrelang Ratsherr für die CDU.