Unfallfluchten: Mehr als die Hälfte der Fälle werden geklärt
Insbesondere auf Parkplätzen flüchten die Verursacher öfter. Viele werden gefasst.
Hattingen/Sprockhövel. Fast jeder kennt diese Situation auf dem Supermarktparkplatz: Beim Einräumen der Einkäufe in den Kofferraum rollt der Einkaufswagen plötzlich los und landet im nächsten Auto.
Was viele nicht wissen: Meldet man diesen Schaden nicht, handelt es sich auch hier um eine Unfallflucht, wegen der durch die Polizei wie bei einer Straftat ermittelt wird.
Parkplätze seien prädestiniert für Unfallfluchten dieser Art. „Die Zahl der nicht gemeldeten Unfälle ist dabei allerdings gering“, sagt Michael Gerlitz, Unfallfluchtensachbearbeiter bei der Polizeiinspektion Hattingen. Fast alle Unfälle würden nicht zuletzt von den Geschädigten selbst bei der Polizei gemeldet.
110 Unfallfluchten gab es in Sprockhövel im vergangenen Jahr. Eine Zahl, die laut Gerlitz konstant ist. „In den beiden Jahren zuvor lagen wir bei 98 beziehungsweise 122 Unfallfluchten“, erklärt er.
Dabei handelte es sich meist um Sachschäden, Personen werden seltener Opfer von Unfallfluchten. 2010 gab es nur zwei Personen, die bei einem Unfall mit anschließender Unfallflucht verletzt wurden. Mit diesen Zahlen liegt Sprockhövel im Vergleich der Städte des Ennepe-Ruhr-Kreises im unteren Bereich.
Die Aufklärungsquote der Polizei bei den Unfallfluchten liegt bei etwa 50 bis 60 Prozent. Mit der Quote ist Gerlitz jedoch nicht zufrieden. „Sie könnte besser sein“, sagt er.
Wird ihm eine Unfallflucht gemeldet, — das geschieht meist binnen 24 Stunden nach dem Unfall — begibt sich Gerlitz sofort an die Aufklärungsarbeit, vernimmt eventuelle Zeugen, oder versucht, mit Hilfe von Teilkennzeichen den Täter beim Kraftfahrtsbundesamt zu ermitteln. „Bei einem Unfall vor wenigen Tagen entdeckten die Beamten ein Stück Glas, das von einem Blinker abgebrochen war“, erzählt er.
Auf diesen Teilchen fanden die Ermittler eine Nummer, mit deren Hilfe Baujahr und Fahrzeugtyp ermittelt werden konnten. Da sie zudem davon ausgingen, dass es sich um einen Unfallverursacher aus der Region handelte, konnten sie den Kreis der potenziellen Täter schnell weiter eingrenzen.
Diese potentiellen Unfallverursacher bekommen dann Besuch von Gerlitz selbst. „Ich schaue mir zunächst an, ob ich an den Fahrzeugen einen Schaden erkennen kann, dann spreche ich mit dem Autobesitzer.“ Die Reaktionen der Besitzer seien durchaus unterschiedlich. „Viele behaupten, dass an dem Auto doch gar nichts kaputt sei, wieder andere meinen, dass sie nichts von einem Unfall bemerkt hätten“, erklärt Gerlitz.
Und das sei heute wirklich oft so, bestätigt der Polizist. Dadurch, dass viele Autoteile bei den neuen Fahrzeugen aus Kunststoff sind, höre man einen Aufprall oft einfach nicht mehr. Laute Musik aus dem Radio tue ihr übriges.
Schwieriger werde es vor allem, wenn der Unfall einige Zeit zurückliegt. „Bei Winterschäden, die erst im Frühjahr entdeckt werden, gehen unsere Chancen, den Täter zu finden, gegen Null“, sagt Gerlitz.
Konnte der Unfallverursacher ermittelt werden, ist der Fall für die Ermittler abgeschlossen und wird von den Anwälten der beteiligten Parteien weitergeführt. „Wir helfen nur, den Unfallverursacher zu ermitteln und schaffen damit die Basis für weitere Verhandlungen“, erklärt Gerlitz seinen Aufgabenbereich.
Nichts bemerkt von seinem Unfall hatte vor einiger Zeit auch ein Lkw-Fahrer. Beim Zurücksetzen nahm er ein Straßenschild mit und fuhr weiter, ohne den Schaden zu melden. „Aufgrund der Länge seines Fahrzeugs hatte er den Unfall wohl nicht bemerkt“, sagt Gerlitz. Auf den Unfallverursacher kamen sodann auch härtere Strafen zu. Neben den Kosten für das Schild, die bei etwa 1200 Euro liegen, gab es sieben Punkte in Flensburg sowie ein Fahrverbot.