BERLIN Versicherung lehnt jeden vierten Reha-Antrag ab
BERLIN · . Wenn akute Erkrankungen das Berufsleben gefährden, springt häufig die gesetzliche Rentenversicherung ein, denn auch Rehabilitationsleistungen sind dort mitversichert. Jeder vierte Antrag auf so genannte Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wurde 2019 allerdings abgelehnt.
Das geht aus einer aktuellen Datenübersicht des Bundesarbeitsministeriums hervor, die unserer Redaktion vorliegt.
Den Angaben zufolge wurden im vergangenen Jahr rund 403.500 entsprechende Anträge abschießend bearbeitet. Davon wurden 24,8 Prozent nicht anerkannt.
Die Leistungsgesuche reichen von der Bereitstellung spezieller Sicherheitsschuhe bis hin zu Umschulungsmaßnahmen für Beschäftigte, die ihren angestammten Beruf zum Beispiel wegen einer Hautallergie nicht mehr ausüben können. Wie ein Sprecher der Rentenversicherung auf Nachfrage deutlich machte, sind die Gründe für eine Ablehnung vielfältig. Für den Betroffenen könne zum Beispiel ein anderer Sozialleistungsträger zuständig sein.
Auch könne sich die Leistung aus medizinischer Sicht erübrigen, etwa dann, wenn die bisherige berufliche Tätigkeit weiterhin möglich sei. Abgelehnt würden Reha-Leistungen auch, wenn die Vorversicherungszeit von mindestens 15 Jahren nicht erfüllt sei, so der Sprecher.
Dabei stehen die Chancen für Betroffene gar nicht so schlecht, abgelehnte Bescheide der Rentenversicherung erfolgreich anzufechten. Laut Arbeitsministerium liegt die Erfolgsquote der eingelegten Widersprüche bei 28,6 Prozent. Bei der Bundesagentur (BA) für Arbeit, ebenfalls ein bedeutender Träger beruflicher Rehabilitation, sind es sogar 31,7 Prozent.
Von der BA wurden im vergangenen Jahr allerdings nur 8,3 Prozent der Anträge abgelehnt. Außerdem dauert die Bearbeitung eines Antrags dort im Schnitt nur 10,6 Tage. Bei der Rentenversicherung sind es 26,4 Tage, also rund zweieinhalbmal so viele. Darüber hinaus gibt es noch weitere Rehabilitationsträger wie etwa die gesetzliche Unfallversicherung oder die Jugendhilfe. Zu diesen Einrichtungen liegen der Bundesregierung nach eigenen Angaben aber nur wenige beziehungsweise keine einschlägigen Daten vor.
Die Sozialexpertin der Linken, Sabine Zimmermann, beklagte, dass Betroffene „in einer ohnehin schwierigen Lebensphase durch die komplizierte Rechtslage und die uneinheitliche Praxis der verschiedenen Träger zusätzlich verunsichert werden“. Zimmermann hatte die Zahlen beim Arbeitsministerium abgefragt. Sinnvoll wäre nach ihrer Einschätzung ein kostenträgerübergreifendes Reha-Gesetz für alle Versorgungsbereiche anstelle des jetzigen „Flickwerks“. Aus arbeitsmarktpolitischer Sicht sei auch eine „großzügigere Bewilligungspraxis“ nötig, so die Linken-Politikerin.
Allein die Rentenversicherung gab 2019 insgesamt 6,9 Milliarden Euro für Reha-Leistungen aus. Das waren rund 150 Millionen Euro mehr als im Jahr davor. Neben den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden damit medizinische Reha-Leistungen zum Beispiel aufgrund von orthopädischen oder psychischen Erkrankungen finanziert.