100 Jahre Leidenschaft für bunte Vögelchen

Verein: „Hohlroller 07“ ist Wuppertals ältester Kanarienzüchter-Club. Noch 20 Mitglieder sind aktiv – doch es gibt Nachwuchssorgen.

Wuppertal. Sie hätte Potenzial für eine der einträglichen Fragen bei "Wer wird Millionär?": Was ist ein Hohlroller? A) Schimpfwort im Hessischen, B) Tonart der Gesangskanarien, C) Maschine im Walzstahlwerk, D) Harzer Käsesorte. Wer hier Antwort B tippt, hat entweder in Bio echt gut aufgepasst. Oder ist Vogelzüchter. Gerade letztere haben nämlich keine Verständnisprobleme, wenn der Name des ältesten noch aktiven Kanarienvogelzuchtvereins Wuppertals fällt: Hohlroller 07. Der Club mit seinen 20 aktiven Mitgliedern feiert in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen.

Und bei den Mannen ("Bei uns ist leider nur eine Frau Mitglied") um den Vorsitzenden Siegfried Haarhaus ist die Vogelzucht mehr als nur eine Freizeitbeschäftigung: auch zwei Weltkriege, vier deutsche Staaten und eine Jahrtausendwende nach der Vereinsgründung. Haarhaus: "Tiere sind kein Hobby, die sind eine Verpflichtung." Was erst recht gilt, wenn man, wie der Hohlroller-Vorsitzende, in Spitzenzeiten an die 300 Vögel versorgt: "Das sind mehrere Zentner Futter im Jahr", sagt Haarhaus, schließlich sind Vögel Vielfraße und vertilgen bis zu einem Drittel ihres Körpergewichts am Tag. Auch deshalb hat Haarhaus seinen Bestand derzeit auf 80 Tiere reduziert.

Bei ihm und seinen Kollegen macht es ohnehin eher Klasse als Masse: "Uns geht es um die Schönheit der Vögel." Und die liegt bei Kanaris auch in der Stimme. Die schätzten schon die Arbeiter des 19.Jahrhunderts: "Die Vögel haben in den Stuben der kleinen Leute mit ihrem Gesang für ein bisschen Sonne gesorgt", sagt Haarhaus. Eine zwar lebenswichtige, aber traurige Funktion hatten die Piepmätze einst: Die Bergarbeiter nahmen sie mit in die Zechen. Kippten die gefiederten Sänger plötzlich stumm von der Käfigstange, war Flucht angesagt: Dann drohte Luftmangel unter Tage.

Heute haben die Kanaris für ihre Besitzer wieder eine rein ästhetische Funktion. Schönes Gefieder und schöne Stimme, darum geht es auf den monatlichen Treffen der Hohlroller-Züchter. "Da wird gefachsimpelt - und gelogen", lacht Haarhaus. Was dabei herauskommt, zeigt der Club am Wochenende bei seiner großen Vogelausstellung (s. Kasten), wo internationale Züchter gut 500 Piepmätze präsentieren. Haarhaus: "Dabei sind Vögel, die sieht man nicht einmal im Zoo." Das Hundertjährige indes hat der Klub bereits vor Wochen gefeiert. Nicht ganz ohne Sorgen: "Uns geht’s wie allen Tierzuchtvereinen", sagt Haarhaus mit ein wenig Bitterkeit, "wir sind eine aussterbende Spezies."