Als die Mitbestimmung zerschlagen wurde
Eine Ausstellung im Lichthof Barmen anlässlich des 125jährigen Bestehens der IG Metall zeigt noch bis morgen Geschichte der Gewerkschaft.
Barmen. Die Besucher der eindrucksvollen Ausstellung zum Thema „Zerschlagung der Mitbestimmung 1933 - das Ende der ersten deutschen Betriebsdemokratie „ im Lichthof des Barmer Rathauses wurden am Donnerstagabend von den Vertretern der einladenden, nun 125 Jahre alten IG Metall mit roten Nelken, dem weltweiten Symbol für den Sozialismus, empfangen. Eine kleine Aufmerksamkeit, die der Barmer Bezirksbürgermeister Hans-Hermann Lücke (CDU) leicht irritiert zur Kenntnis nahm, aber wie auch die zahlreichen Gäste mit sichtlichem Interesse die umfangreichen Darstellungen auf den 20 Stellwänden studierte. Die dokumentierten anhand von Fotos, Flugblättern und Plakaten die Entstehung der „Weimarer Betriebsdemokratie“ und ihre erbarmungslose Zerschlagung durch die Nazis.
Torsten Lankau, Geschäftsführer der IG Metall Wuppertal, begrüßte die Besucher in den vollbesetzten Stuhlreihen und an den Stehtischen und wies darauf hin, dass die 1891 gegründete IG Metall, beziehungsweise deren Vorgänger, mit 2,3 Millionen Mitgliedern die größte Einzelgewerkschaft Deutschlands und gleichzeitig die größte frei gewählte Arbeitnehmervertretung weltweit ist.
Torsten Lankau
Lankau schlug in seiner Ansprache den Bogen von den Urvätern der Betriebsdemokratie zu den heutigen Anforderungen an die Arbeitnehmervertretungen wie Globalisierung, Digitalisierung der Arbeitswelt und demografischem Wandel, erinnerte an die Errungenschaftender Gewerkschaftsbewegungen zum Wohl aller Arbeitnehmer und an deren gestalterische Kraft. „Jede Zeit bringt eigene Herausforderungen an die Arbeitnehmervertretung“, so Lankau, der auch an die Zerschlagung der Gewerkschaften nach der Machtergreifung, an die Repressalien, denen Gewerkschafter bis hin zu Inhaftierung und Hinrichtungen ausgesetzt waren, und an den Wiederaufbau nach dem Krieg, erinnerte. „Mitbestimmung und Tarifautonomie sind die Garanten für eine soziale Marktwirtschaft“, war Lankaus Credo. Oberbürgermeister Andreas Mucke, Hausherr im Rathaus, stellte klar, dass Gewerkschaften ein notwendiger Stützpfeiler für das Funktionieren einer Demokratie seien und auch die Unternehmer starke Gewerkschaften als Gesprächspartner brauchen würden. Danach die Ansprache von Rudolf Tschirbs, einem der Begründer der Ausstellung, der gleich zu Anfang seiner Ausführungen an die Betriebsratswahlen vom 5. März 1933 erinnerte. Damals hatten die freien Gewerkschaften 73,4 Prozent der Stimmen erreicht, während der nationalsozialistisch gesteuerte NSBO lediglich auf relativ kümmerliche 11,7 Prozent kam. „Wäre es nach den Ergebnissen der Betriebsratswahlen gegangen, die Nationalsozialisten wären nicht an die Macht gekommen“, so Tschirbs. Was die Nazis - vornehmlich nach Inkrafttreten des Ermächtigungsgesetzes - allerdings nicht daran hinderte, demokratisch gewählte Betriebsräte aus ihren Ämtern zu drängen. Marodierende SA-Horden drangen in die Gewerkschaftsbüros ein, zerstörten Karteien, setzten Unterlagen in Brand. Ein Grund, weshalb in der Ausstellung relativ wenig Gewerkschafts-Dokumente aus der Zeit des Nationalsozialismus, dafür aber umso mehr Hetzplakate und Schmähschriften gegen die Arbeitnehmerbewegung zu sehen sind. „Die Ausstellung ist ein klares Plädoyer für den Erhalt, den weiteren Ausbau und die Stärkung der Mitbestimmung von Arbeitnehmern in den Betrieben“ waren die mit viel Beifall bedachten abschließenden Worte von Rudolf Tschirbs, ehe die Besucher Gelegenheit hatten, das Gehörte zu diskutieren und die Bild- und Schrift-Dokumente an den Stellwänden auf sich einwirken zu lassen.