Ein Blick in die Vergangenheit Amerikaner vor der Ladentür: Die Ängste einer Neunjährigen in Wuppertal vor den Besatzern

Wuppertal · Ich war damals neun Jahre alt und erinnere mich noch gut an die letzten beiden Tage.

Auch nach dem Krieg waren Lebensmittel knapp: Hamsterkäufe in Elberfeld.

Foto: Stadtarchiv Wuppertal

Unsere Familie hatte einen kleinen Bauernhof auf der oberen Kohlstraße, wo heute der Domagkweg verläuft. Die letzten Tage vor Kriegsende hatten wir Einquartierungen von einigen Soldaten: Im Schuppen stand der Verpflegungswagen, die Soldaten schliefen in der Scheune.

Am Sonntag, den 15. April 45, saß ein Vorgesetzter, Oberst oder General? in unserer Küche und wurde von seinen Leuten mit dem Mittagessen versorgt. Da kam der Motorradfahrer, grüßte mit „Heil Hitler“ und meldete: „Die Stadt hat sich ergeben, es hängen weiße Fahnen in der Stadt.“ Da bekam der Oberst einen Tobsuchtsanfall, fluchte, schlug mit der Faust auf den Tisch und schrie, das muss die Stadt büßen. Ich habe mich voll Angst an meinen Opa geklammert, der auch in der Küche saß.

In der folgenden Nacht (mein Vater hatte in der letzten Woche zwei Betten in den Keller gebracht, in denen wir Kinder schliefen, natürlich voll angezogen) war oft Kanonendonner zu hören. Die deutschen Soldaten schossen vom Westfalenweg, der fast an unsere Weiden grenzte, die Amerikaner von der Hardt.

Am Montag, 16. April, sollte ich zwei Lebensmittel einkaufen, der Laden war auch auf der oberen Kohlstraße. Auf der Treppe zum Laden saßen zwei amerikanische Soldaten mit ihren Gewehren und rauchten. Ich ging tapfer an ihnen vorbei. Vor der Ladentür lag dann ein Soldat mit einem Maschinengewehr, da bin ich nach Hause gelaufen.

Am Nachmittag waren mein Vater, unsere „Fremdarbeiterin“, mein älterer Bruder und ich auf dem Feld Kartoffeln pflanzen. Da fuhren die Amerikaner mit ihrem Jeep die Straße runter, auf unseren Hof, der circa 100 Meter von der Straße entfernt ist, drehten auf dem Hof mehrere Runden und fuhren wieder zurück. Das wiederholten sie den ganzen Nachmittag, danach haben wir sie nicht mehr gesehen.

Für uns war nun die Zeit mit Fliegeralarm vorbei. Wann die Schule wieder anfing, habe ich vergessen. Meine Kindheit war von Angst geprägt und die Kriege in der Welt rufen die Erinnerungen wieder wach. Hoffen und beten wir, dass bald alles wieder gut wird. Gertrud Orth

(Red)