Analyse: Gewerbesteuer sprudelt nicht

Anders als in NRW steigen die Einnahmen aus der Gewerbesteuer in Wuppertal nicht.

Wuppertal. Die Wirtschaft boomt, die Steuereinnahmen sprudeln - aber nicht in Wuppertal. 170 Millionen Euro werden die Gewerbesteuereinnahmen dieses Jahr aller Voraussicht nach betragen, und das ist exakt der Planansatz, den Kämmerer Johannes Slawig vorausgesagt haben will. Im Januar vergangenen Jahres war Slawig im Gespräch mit der WZ zwar noch von 180 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen ausgegangen - die Realität hat den chronisch defizitären Wuppertaler Haushalt eingeholt.

Weil die Ausgaben für die Stadt jedoch weiter kräftig steigen, allein die Unterkunftskosten für Hartz-IV-Empfänger sind um 18 Millionen Euro höher als erwartet, schnellen die Schulden der Stadt in ungeahnte Höhen: Ende des Jahres werden die Kassenkredite wohl etwa 1,2 Milliarden Euro betragen, die Gesamtschulden rund 1,5 Milliarden. Die Stadt muss mit einem strukturellen Defizit in Höhe von etwa 150 Millionen Euro fertig werden. Strukturell heißt in diesem Fall, dass zwischen kalkulierbaren Ausgaben und Einnahmen ein Loch von 150 Millionen Euro klafft - und das ist nicht zu schließen.

Wie bitter die Situation der Wuppertaler Finanzen ist, wird im landesweiten Vergleich deutlich. In NRW haben die Städte ihre Gewerbesteuereinnahmen im Jahr 2006 im Vergleich zu 2005 um etwa 23,4 Prozent steigern können und kamen somit auf landesweite Gewerbesteuern in Höhe von 1,9 Milliarden. Zum Vergleich: In Krefeld waren 80 Millionen Euro Gewerbesteuer eingeplant, die tatsächlichen Einnahmen dürften 120 Millionen Euro betragen haben. Dadurch ist es der Stadt möglich, die eingeplante Neuverschuldung um bis zu 18 Millionen Euro zu reduzieren. In Düsseldorf spülte die Gewerbesteuer im vergangenen Jahr sogar 193 Millionen Euro mehr als geplant in die Stadtkasse, die Gewerbesteuereinnahmen der Landeshauptstadt dürften damit fast eine Milliarde Euro betragen haben.

"Der Mittelstand bezahlt kräftig, es sind die Großunternehmen, die uns Sorgen bereiten", weiß Slawig von der Steuerfront zu berichten. Die Stadt selbst hat wenig Gestaltungsmöglichkeiten bei der Gewerbesteuer - außer der Festsetzung des Hebesatzes - sondern bekommt die Steuerfestsetzung der Finanzverwaltung mitgeteilt. "Die Gründe, warum ein großes Unternehmen plötzlich weniger Steuern zahlt sind uns nicht bekannt und werden uns auch nicht mitgeteilt", erklärt Slawig.

Die Sorgenfalten auf der Stirn des Kämmerers kommen jedoch nicht von ungefähr: Derzeit boomt die Wirtschaft. Sollte, und das ist ganz natürlich, die Konjunktur wieder abkühlen, dann werden auch in Wuppertal die Einnahmen sinken - bei eher steigenden Kosten.

Zudem befindet sich Wuppertal in der Zinsfalle. Die in Europa derzeit steigenden Zinsen haben zur Folge, dass Wuppertal dieses Jahr mehr als zehn Millionen Euro zusätzlich zahlen muss. 35 Millionen Euro macht die Zinslast insgesamt aus. Ein Abbau der Schulden ist unrealistisch.