Interview Außenhandelsexperte der Bergischen IHK: „Wir sind halt sehr anfällig“

Wuppertal · Arft Jasper Rust von der IHK äußert sich zu möglichen Maßnahmen der neuen US-Regierung.

Arft Jasper Rust ist Referent für Außenwirtschaft im Geschäftsbereich International der Bergischen IHK.

Foto: IHK

Die zweite Amtszeit von Donald Trump hat begonnen, schon seine erste hatte direkte Auswirkungen auf die bergische Wirtschaft, unter anderem weil er Strafzölle auf eine Reihe von Werkzeugen erließ. Umso gespannter blicken die Verantwortlichen in der Region nun wieder nach Washington. Arft Jasper Rust berät bei der Bergischen IHK Mitgliedsfirmen zu deren Auslandsgeschäften. Im Interview wagt er eine Prognose, was die Unternehmen im Städtedreieck erwarten könnte. Und gibt Tipps, wie sie sich darauf vorbereiten können.

Herr Rust, die ersten Tage Trump liegen hinter uns, unter anderem mit einer ganzen Flut diverser Executive Orders und der viel beachteten Schalte zum Weltwirtschaftsforum nach Davos. Wagen Sie schon eine Prognose, was die bergische Wirtschaft in den nächsten Jahren aus Washington zu erwarten hat?

Arft Jasper Rust: Das ist schwierig zu beantworten, weil das ein sehr dynamisches Thema ist. Jeden Tag kommt gefühlt etwas Neues aus den USA. Aktuell lässt sich absehen, dass Herr Trump, sprich die US-Regierung, mit Einfuhrzöllen auf europäische Waren droht. Das wurde auch in den letzten Tagen etwas konkretisiert, es sollen 25 Prozent auf spezielle Branchen sein. Welche Branchen darunter fallen, ist noch nicht bekannt. Wir können aber davon ausgehen, dass es gerade die Branchen sind, die uns stark treffen würden.

Schon in seiner ersten Amtszeit gab es Strafzölle auf Zangen und andere Werkzeuge. Ist wieder damit zu rechnen, dass es typisch bergische Produkte trifft, Schneidwaren und Werkzeuge zum Beispiel oder auch Produkte aus dem Maschinenbau?

Rust: Es wurde noch nichts dazu gesagt, aber um gut vorbereitet zu sein, müssen wir davon ausgehen. Herr Trump möchte in einer starken Verhandlungsposition sein und dazu nutzt er gerne die Schwächen seiner Verhandlungspartner aus. Und wir als Exportnation oder Exportregion sind dort halt sehr anfällig. Wie Sie schon sagen, hat er ja genau das schon in seiner ersten Amtszeit gemacht. Er möchte am Ende einen möglichst guten Deal aushandeln und aus diesem Grund möchte er uns an diesen Stellen treffen. Wir müssen also davon ausgehen, dass er wieder genau diese Branchen ins Auge gefasst hat: Automobilzulieferer, Elektrotechnik, Chemie, Pharma, Maschinenbau, aber auch im Speziellen die Werkzeugindustrie.

Jetzt haben Sie das Zauberwort „Deal“ schon gesagt, Trump sieht sich ja als Deal Maker, versteht Politik offensichtlich so, wie er früher Geschäfte gemacht hat. Liegt darin auch eine Chance?

Rust: Grundsätzlich schon. Wobei wir uns ja nicht als Verhandlungspartner für die Amerikaner sehen können, das sind die EU und Deutschland. Deswegen ist es so wichtig, dass wir aus dem Bergischen Städtedreieck unsere Interessen an die Bundesregierung weiterleiten, damit die diese Interessen in den Gesprächen mit den USA und bei der EU geltend macht.

Am 23. Februar steht ja bekanntlich eine Bundestagswahl an und durch die Wahlrechtsreform und die Verkleinerung des Bundestags könnte es im schlimmsten Fall dazu kommen, dass das Städtedreieck danach deutlich weniger Bundestagsabgeordnete in Berlin hat.

Rust: Wie realistisch das ist, kann ich aktuell nicht einschätzen, dafür kenne ich die Wahllisten nicht gut genug. Aber natürlich hätten wir mit weniger Abgeordneten auch weniger Stimmen in Berlin. Allerdings können wir unsere Interessen auch bei Bundestagsabgeordneten, die nicht aus unserer Region kommen, deutlich machen.

Ich würde gerne noch mal auf mögliche positive Auswirkungen kommen: Trump hat in Davos die Firmen dieser Welt eingeladen, in den USA zu produzieren und ihnen dafür sehr niedrige Steuern versprochen. Es gibt ja schon einige bergische Mittelständler, die in den Staaten aktiv sind. Wäre das nicht auch für andere Unternehmen eine Chance?

Rust: Selbstverständlich. Niedrigere Unternehmenssteuern sind natürlich reizvoll. Und so wie man vom Weltwirtschaftsforum in Davos gehört hat, kommt das bei den Unternehmern sehr gut an. Bei uns in der Region ist das Problem aber, dass wir hier vor allem kleine und mittelständische Unternehmen haben. Für die ist es finanziell natürlich ein größerer Aufwand, eine Produktionsstätte in einem anderen Land aufzubauen. Es stellt sich dann immer die Frage: Lohnt sich das? Können sie sich das finanziell leisten?

Würden Sie denn in der aktuellen Situation bergischen Unternehmen, die noch nicht in den USA vertreten sind, raten, sich mit dem Thema zu beschäftigen?

Rust: Ich glaube, das ist immer eine Einzelfallentscheidung. Wir als IHK können nur Informationen dazu liefern. Niedrigere Unternehmenssteuern sind natürlich sehr reizvoll, vor allem, wenn gleichzeitig auch noch Zölle drohen. Es kann aber auch sein, dass Zölle, die jetzt kommen sollen, schnell wieder aufgehoben werden, wenn sich EU und USA auf einen Deal einigen. Sich mit einem möglichen Produktionsstandort in den USA zu beschäftigen, gehört auf jeden Fall dazu. Ob sich das dann im Einzelfall lohnt, muss jeder Unternehmer selbst entscheiden.

Wie wichtig sind die USA eigentlich als Handelspartner fürs Bergische?

Rust: Für viele Unternehmen ist das eine relevante Größe. Für Deutschland sind die USA der größte Exportpartner, in NRW sind sie unter den Top Fünf. Das ist natürlich ein relevanter Partner für uns im Bergischen und unsere Unternehmen, gerade in unseren typischen Bereichen wie Werkzeuge und Automobilzulieferer.

Nun wird nicht jeder bergische Mittelständler ein Werk in den Staaten aufbauen können, was raten sie den anderen?

Rust: Das ist ein wirklich schwieriger Punkt. Zu den ersten Maßnahmen gehört sicherlich, sich klarzumachen, wie wichtig der amerikanische Markt fürs eigene Unternehmen ist und wie man sich resilienter aufstellen kann, falls die Zölle kommen. Das ist ja etwas, dass wir auf Lieferantenseite schon länger für China empfehlen, jetzt kommt das auf der Absatzseite für die USA dazu. Dazu kann zum Beispiel gehören, dass man sich neue Kunden in anderen Ländern sucht, neue Absatzmärkte. Das ist aber keine Aufgabe, die innerhalb von wenigen Tagen erledigt werden kann. Der Aufbau von neuen Geschäftsbeziehungen braucht seine Zeit, das kann manchmal Monate, aber auch Jahre dauern, bis man neue Märkte erschlossen hat.

Klingt wie: Auf das Beste zu hoffen, aber auf das Schlimmste vorbereitet zu sein.

Rust: Da gebe ich Ihnen vollkommen recht. Aber die Wirtschaft findet immer einen Weg, wie sie den Handel aufrechterhält und mit Veränderungen klarkommt. Veränderungen gibt es immer wieder. Denken Sie an die letzten Jahre, was da alles auf uns eingeprasselt ist. Im Großen und Ganzen glaube ich an den Welthandel und auch an unsere Unternehmen, dass sie das hinbekommen. Auch wenn sie sich sicherlich über mehr Sicherheit im transatlantischen Verhältnis freuen würden.